Es wurde ein Schreibtisch-Speicherstand im Browser gefunden.
Möchten Sie diesen Speicherstand laden?

Laden
Überspringen

Lade...

Schließen

Werke

2017

Mutmassungen über Jakob

Werke 2


Print und digital verfügbar

2019

Das dritte Buch über Achim

Werke 3


Print verfügbar

2021

Karsch, und andere Prosa

Werke 4


Print verfügbar

2021

Zwei Ansichten

Werke 5


Print verfügbar

Mutmassungen über Jakob

MJEA
Download

MJIV
Download

MJIII
Download

MJII
Download

MJI
Download

2017
Werke 2


Herausgeber des Printbandes:

Astrid Köhler, Robert Gillett, Cornelia Bögel und Katja Leuchtenberger unter Mitarbeit von Johanna Steiner.

Umsetzung der digitalen Fassung:

Fabian Kaßner, Marc Lemke, Yvonne Dudzik und Christian Riedel.

»Aber Jakob ist immer quer über die Gleise gegangen.« – Mit diesem Satz beginnt der von Uwe Johnson im Alter von 25 Jahren veröffentlichte Debütroman Mutmassungen über Jakob. In ihm steht der Tod von Jakob Abs im Mittelpunkt – von der Flucht aus der DDR und vom Staatssicherheitsdienst ist die Rede, vom Leben im Rhein-Main-Gebiet (Westen) und vom Dasein in Mecklenburg (Osten), von Liebe und Verrat, vom Aufstand in Ungarn und von der Krise um den Suezkanal. Bereits hier begegnen wir einem Großteil der Menschen, die seinen Personenkosmos bis zu den Jahrestagen prägen werden.
1959 erfolgte die erste Publikation des Autors mit Diplomexamen (Germanistik, Leipzig) in einem westdeutschen Verlag: was unmittelbar die Etikettierung Uwe Johnsons als »Dichter der beiden Deutschland« nach sich zog. Solche Einordnung verbat er sich. Trotzdem bleibt Johnson der Erzähler von Ost wie West.


Der Text

Der Romantext der Rostocker Ausgabe wird sowohl im 2017 erschienenen Buch als auch in der digitalen Fassung als kritisch aus dem Archivmaterial edierter Text präsentiert. Der Stellenkommentar steht in zwei Apparaten zur Verfügung.

Textkritischer Kommentar

Durch eine Auswahl an Korrekturen und Varianten werden die textgenetischen Entwicklungen des Romans nachvollziehbar, die Arbeitsgänge des Autors sichtbar. Die Varianten sind beschreibend dargestellt, nicht aber kommentierend interpretiert.

Sachkommentar

Gemäß dem Leitgedanken »Ermächtigung, nicht Entmündigung des Lesers« wird hier das inhaltliche Verständnis einzelner Textstellen sichergestellt: Fremdsprachige und mundartliche Textstellen sind übersetzt, Begriffe erklärt, Geografika sowie Persönlichkeiten und historische Sachbezüge erläutert. Zudem sind intertextuelle Bezüge und die von Johnson benutzten Quellen nachgewiesen, Romanfiguren mit Blick auf Sachinformationen wie z.B. Namenswahl, Namensbedeutung und Funktion innerhalb des Romans sowie innerhalb von Johnsons Gesamtwerk erläutert, ohne dem Lektüreerlebnis anderer Johnson-Texte vorzugreifen. Interpretation und literaturwissenschaftliche Deutung sind vom Sachkommentar ausgeschlossen.

Die digitale Fassung

In der vorliegenden Vollversion der Digitalausgabe von Mutmassungen über Jakob (2023) werden alle Textstufen, und zwar sowohl als Faksimiles als auch in der Transkription für den gesamten Romantext gezeigt. Alle Änderungen, die Johnsons Text vom ersten erhaltenen Typoskript bis zur Rostocker Ausgabe durchlaufen hat, sind zeilengenau verzeichnet. Zudem gibt es die Möglichkeit, sich schwer lesbare Handschriftpassagen mit der Maus direkt auf dem Faksimile anzeigen zu lassen. Mit Fortschreiten der Edition werden Apparat und Register band- und abteilungsübergreifend untereinander vernetzt und mit Datenbanken hinterlegt. Auf diese Weise wird Uwe Johnsons Konzept des Gesamtwerks Rechnung getragen, das auch Briefe und Schriften einschließt.

Die Textstufen

Erstes erhaltenes Typoskript (MJI)

Die erste erhaltene Fassung umfasst 230 maschinenschriftliche Blätter sowie ein handschriftliches Blatt. Jedes Blatt ist in zwei Spalten geteilt und in einzeiligem Abstand beschrieben: in der rechten Spalte steht jeweils der Romantext, die linke ist frei für Änderungen, Anmerkungen und Korrekturen, die, soweit sie handschriftlich sind, durchgängig von Johnsons Hand stammen.
Auf der ersten Typoskriptseite hat Johnson notiert: »Leipzig Braustr 6758« – er hat mit der Niederschrift demnach am 6. Juli 1958 in der Leipziger Braustraße begonnen.
Aus vergleichbaren Anmerkungen ist zu rekonstruieren, dass Johnson das Typoskript an wechselnden Schreiborten bis zum 4. Dezember 1958 niedergeschrieben und bis in den Januar 1959 hinein handschriftlich überarbeitet hat. Dabei lassen sich nur sehr bedingt stichhaltige Schlüsse darüber ziehen, wann, wie und in welcher Reihenfolge er gearbeitet hat. Zudem kann nicht sicher davon ausgegangen werden, dass die maschinenschriftlichen Stellen immer eine frühere Bearbeitungsstufe darstellen als die handschriftlichen.
Sicher ist, dass es sich bei dieser ersten erhaltenen Fassung nicht um die erste Niederschrift des Textes handeln kann.

Zweites erhaltenes Typoskript (MJII)

Die zweite erhaltene Fassung umfasst 346 Blätter. Der Romantext ist mit zweifarbigem Farbband in anderthalbzeiligem Abstand getippt, dabei sind die für den Kursivdruck vorgesehenen Passagen jeweils rot geschrieben.
Die meisten Änderungen aus dem ersten Typoskript sind umgesetzt, diese Fassung wurde erkennbar als Reinschrift für den Verlag angefertigt. Daher lässt sich die Niederschrift grob auf die Zeit zwischen Dezember 1958 (nach Abschluss der maschinenschriftlichen Arbeit am ersten Typoskript) und März 1959 datieren (als Johnson dieses zweite Typoskript beim Suhrkamp Verlag einreichte).
Nur an wenigen Stellen gibt es noch maschinenschriftliche Änderungen, der überwiegende Teil wurde handschriftlich vorgenommen. Dabei lassen sich neben Johnsons Hand (mindestens) fünf weitere Handschriften identifizieren, die allesamt auf Mitarbeiter des Suhrkamp Verlags zurückgehen – darunter ein Bleistift aus dem Korrektorat und ein Grünstift aus der Herstellung sowie der blaue Kugelschreiber von Verlagsleiter Siegfried Unseld, der gleich auf dem ersten Blatt den Romantitel notierte und in den ersten beiden Kapiteln des Romans u.a. die Leerzeilenstruktur einzeichnete.

Korrekturfahne (MJIII)

Der Fahnenabzug des Romans enthält den vom Verlag gesetzten Romantext auf 163 fortlaufend paginierten, langformatigen Blättern – den sogenannten ›Fahnen‹.
Die handschriftlichen Spuren im Fahnenabzug dokumentieren, dass dieses Exemplar sowohl vom Autor durchgesehen wurde als auch verschiedene Abteilungen im Verlag durchlaufen hat. Johnson hat die Fahnen Mitte Juli 1959 erhalten und seine Änderungen mit schwarzer Tinte eingetragen. Gleich auf dieser ersten Fahne hat ein Verlagsmitarbeiter – wahrscheinlich Christoph Wilhelmi, der Leiter der Herstellungsabteilung – mit blaugrauer Tinte das Korrekturzeichen für Leerzeilen erklärt und außerdem vermerkt, dass er die Hinweise aus dem Korrektorat in dieses Exemplar übertragen hat. Darüber hinaus finden sich in den Fahnen gelegentlich Anstreichungen fremder Schreibhände mit Bleistift oder mit kräftigem rotem Buntstift. Auch der Grünstift eines Herstellers und der Bleistift eines Setzers zum Stand der Satzarbeiten lassen sich ermitteln.

Umbruch (MJIV)

Der Umbruch des Romans enthält den gesamten Text in fertig umbrochenen, aber noch nicht gebundenen Buchseiten auf insgesamt 77 Blättern. Jedes Blatt ist mit vier Buchseiten bedruckt (je zwei vorne und hinten), die Blätter sind in der Mitte gefalzt und mit offener Falz bogenweise in Viererlagen abgelegt.
Verschiedene Schreibhände haben mit unterschiedlichen Stiften letzte Korrekturen, Änderungen und Satzhinweise eingetragen. Am Nacheinander der Handschriften ist zu erkennen, dass der Umbruch mehrere Verlagsabteilungen durchlaufen hat: So wurden Bleistiftnotationen mitunter vom blauen Kugelschreiber gestrichen, der seinerseits manchmal mit rotem Buntstift ausgestrichen ist.
Johnsons Handschrift findet sich in diesem erhaltenen Exemplar nicht. Es ist jedoch sicher, dass er ein anderes Exemplar des Umbruchs, das als ermittelt, aber nicht erhalten gelten muss, selbst durchgesehen und handschriftlich bearbeitet hat. Das geht eindeutig aus seinem Briefwechsel mit dem Verlag hervor.

Erstausgabe des Romans (MJEA)

Die Erstausgabe von Mutmassungen über Jakob umfasst 308 Seiten. Sie wurde in einer Auflagenhöhe von 5.200 Exemplaren gedruckt und im Oktober 1959 an den Buchhandel ausgeliefert.

Rostocker Ausgabe (MJRA)

Für die Rostocker Ausgabe wurde der Roman als verlässlicher Lesetext kritisch ediert, d.h., der Text wurde mit Blick auf den Autorwillen hergestellt und – wo nötig – aus den überlieferten Textstufen rekonstruiert.
Grundlage ist der von Johnson zum Druck freigegebene Text der Erstausgabe, in den nur an wenigen Stellen eingegriffen wurde, um eindeutige Druck- oder Satzfehler zu verbessern, die dem Autorwillen nachweislich nicht entsprechen.
Typografie und Layout sind im Vergleich zur Erstausgabe modernisiert, der Romantext wurde neu gesetzt und umbrochen und verfügt daher über eine neue, andere Seitenzählung. Zudem ist er mit einem Zeilenzähler versehen.

»Aber Jakob ist immer quer über die Gleise gegangen.« – Mit diesem Satz beginnt der von Uwe Johnson im Alter von 25 Jahren veröffentlichte Debütroman Mutmassungen über Jakob. In ihm steht der Tod von Jakob Abs im Mittelpunkt – von der Flucht aus der DDR und vom Staatssicherheitsdienst ist die Rede, vom Leben im Rhein-Main-Gebiet (Westen) und vom Dasein in Mecklenburg (Osten), von Liebe und Verrat, vom Aufstand in Ungarn und von der Krise um den Suezkanal. Bereits hier begegnen wir einem Großteil der Menschen, die seinen Personenkosmos bis zu den Jahrestagen prägen werden.
1959 erfolgte die erste Publikation des Autors mit Diplomexamen (Germanistik, Leipzig) in einem westdeutschen Verlag: was unmittelbar die Etikettierung Uwe Johnsons als »Dichter der beiden Deutschland« nach sich zog. Solche Einordnung verbat er sich. Trotzdem bleibt Johnson der Erzähler von Ost wie West.


Der Text

Der Romantext der Rostocker Ausgabe wird sowohl im 2017 erschienenen Buch als auch in der digitalen Fassung als kritisch aus dem Archivmaterial edierter Text präsentiert. Der Stellenkommentar steht in zwei Apparaten zur Verfügung.

Textkritischer Kommentar

Durch eine Auswahl an Korrekturen und Varianten werden die textgenetischen Entwicklungen des Romans nachvollziehbar, die Arbeitsgänge des Autors sichtbar. Die Varianten sind beschreibend dargestellt, nicht aber kommentierend interpretiert.

Sachkommentar

Gemäß dem Leitgedanken »Ermächtigung, nicht Entmündigung des Lesers« wird hier das inhaltliche Verständnis einzelner Textstellen sichergestellt: Fremdsprachige und mundartliche Textstellen sind übersetzt, Begriffe erklärt, Geografika sowie Persönlichkeiten und historische Sachbezüge erläutert. Zudem sind intertextuelle Bezüge und die von Johnson benutzten Quellen nachgewiesen, Romanfiguren mit Blick auf Sachinformationen wie z.B. Namenswahl, Namensbedeutung und Funktion innerhalb des Romans sowie innerhalb von Johnsons Gesamtwerk erläutert, ohne dem Lektüreerlebnis anderer Johnson-Texte vorzugreifen. Interpretation und literaturwissenschaftliche Deutung sind vom Sachkommentar ausgeschlossen.

Die digitale Fassung

In der vorliegenden Vollversion der Digitalausgabe von Mutmassungen über Jakob (2023) werden alle Textstufen, und zwar sowohl als Faksimiles als auch in der Transkription für den gesamten Romantext gezeigt. Alle Änderungen, die Johnsons Text vom ersten erhaltenen Typoskript bis zur Rostocker Ausgabe durchlaufen hat, sind zeilengenau verzeichnet. Zudem gibt es die Möglichkeit, sich schwer lesbare Handschriftpassagen mit der Maus direkt auf dem Faksimile anzeigen zu lassen. Mit Fortschreiten der Edition werden Apparat und Register band- und abteilungsübergreifend untereinander vernetzt und mit Datenbanken hinterlegt. Auf diese Weise wird Uwe Johnsons Konzept des Gesamtwerks Rechnung getragen, das auch Briefe und Schriften einschließt.

Die Textstufen

Erstes erhaltenes Typoskript (MJI)

Die erste erhaltene Fassung umfasst 230 maschinenschriftliche Blätter sowie ein handschriftliches Blatt. Jedes Blatt ist in zwei Spalten geteilt und in einzeiligem Abstand beschrieben: in der rechten Spalte steht jeweils der Romantext, die linke ist frei für Änderungen, Anmerkungen und Korrekturen, die, soweit sie handschriftlich sind, durchgängig von Johnsons Hand stammen.
Auf der ersten Typoskriptseite hat Johnson notiert: »Leipzig Braustr 6758« – er hat mit der Niederschrift demnach am 6. Juli 1958 in der Leipziger Braustraße begonnen.
Aus vergleichbaren Anmerkungen ist zu rekonstruieren, dass Johnson das Typoskript an wechselnden Schreiborten bis zum 4. Dezember 1958 niedergeschrieben und bis in den Januar 1959 hinein handschriftlich überarbeitet hat. Dabei lassen sich nur sehr bedingt stichhaltige Schlüsse darüber ziehen, wann, wie und in welcher Reihenfolge er gearbeitet hat. Zudem kann nicht sicher davon ausgegangen werden, dass die maschinenschriftlichen Stellen immer eine frühere Bearbeitungsstufe darstellen als die handschriftlichen.
Sicher ist, dass es sich bei dieser ersten erhaltenen Fassung nicht um die erste Niederschrift des Textes handeln kann.

Zweites erhaltenes Typoskript (MJII)

Die zweite erhaltene Fassung umfasst 346 Blätter. Der Romantext ist mit zweifarbigem Farbband in anderthalbzeiligem Abstand getippt, dabei sind die für den Kursivdruck vorgesehenen Passagen jeweils rot geschrieben.
Die meisten Änderungen aus dem ersten Typoskript sind umgesetzt, diese Fassung wurde erkennbar als Reinschrift für den Verlag angefertigt. Daher lässt sich die Niederschrift grob auf die Zeit zwischen Dezember 1958 (nach Abschluss der maschinenschriftlichen Arbeit am ersten Typoskript) und März 1959 datieren (als Johnson dieses zweite Typoskript beim Suhrkamp Verlag einreichte).
Nur an wenigen Stellen gibt es noch maschinenschriftliche Änderungen, der überwiegende Teil wurde handschriftlich vorgenommen. Dabei lassen sich neben Johnsons Hand (mindestens) fünf weitere Handschriften identifizieren, die allesamt auf Mitarbeiter des Suhrkamp Verlags zurückgehen – darunter ein Bleistift aus dem Korrektorat und ein Grünstift aus der Herstellung sowie der blaue Kugelschreiber von Verlagsleiter Siegfried Unseld, der gleich auf dem ersten Blatt den Romantitel notierte und in den ersten beiden Kapiteln des Romans u.a. die Leerzeilenstruktur einzeichnete.

Korrekturfahne (MJIII)

Der Fahnenabzug des Romans enthält den vom Verlag gesetzten Romantext auf 163 fortlaufend paginierten, langformatigen Blättern – den sogenannten ›Fahnen‹.
Die handschriftlichen Spuren im Fahnenabzug dokumentieren, dass dieses Exemplar sowohl vom Autor durchgesehen wurde als auch verschiedene Abteilungen im Verlag durchlaufen hat. Johnson hat die Fahnen Mitte Juli 1959 erhalten und seine Änderungen mit schwarzer Tinte eingetragen. Gleich auf dieser ersten Fahne hat ein Verlagsmitarbeiter – wahrscheinlich Christoph Wilhelmi, der Leiter der Herstellungsabteilung – mit blaugrauer Tinte das Korrekturzeichen für Leerzeilen erklärt und außerdem vermerkt, dass er die Hinweise aus dem Korrektorat in dieses Exemplar übertragen hat. Darüber hinaus finden sich in den Fahnen gelegentlich Anstreichungen fremder Schreibhände mit Bleistift oder mit kräftigem rotem Buntstift. Auch der Grünstift eines Herstellers und der Bleistift eines Setzers zum Stand der Satzarbeiten lassen sich ermitteln.

Umbruch (MJIV)

Der Umbruch des Romans enthält den gesamten Text in fertig umbrochenen, aber noch nicht gebundenen Buchseiten auf insgesamt 77 Blättern. Jedes Blatt ist mit vier Buchseiten bedruckt (je zwei vorne und hinten), die Blätter sind in der Mitte gefalzt und mit offener Falz bogenweise in Viererlagen abgelegt.
Verschiedene Schreibhände haben mit unterschiedlichen Stiften letzte Korrekturen, Änderungen und Satzhinweise eingetragen. Am Nacheinander der Handschriften ist zu erkennen, dass der Umbruch mehrere Verlagsabteilungen durchlaufen hat: So wurden Bleistiftnotationen mitunter vom blauen Kugelschreiber gestrichen, der seinerseits manchmal mit rotem Buntstift ausgestrichen ist.
Johnsons Handschrift findet sich in diesem erhaltenen Exemplar nicht. Es ist jedoch sicher, dass er ein anderes Exemplar des Umbruchs, das als ermittelt, aber nicht erhalten gelten muss, selbst durchgesehen und handschriftlich bearbeitet hat. Das geht eindeutig aus seinem Briefwechsel mit dem Verlag hervor.

Erstausgabe des Romans (MJEA)

Die Erstausgabe von Mutmassungen über Jakob umfasst 308 Seiten. Sie wurde in einer Auflagenhöhe von 5.200 Exemplaren gedruckt und im Oktober 1959 an den Buchhandel ausgeliefert.

Rostocker Ausgabe (MJRA)

Für die Rostocker Ausgabe wurde der Roman als verlässlicher Lesetext kritisch ediert, d.h., der Text wurde mit Blick auf den Autorwillen hergestellt und – wo nötig – aus den überlieferten Textstufen rekonstruiert.
Grundlage ist der von Johnson zum Druck freigegebene Text der Erstausgabe, in den nur an wenigen Stellen eingegriffen wurde, um eindeutige Druck- oder Satzfehler zu verbessern, die dem Autorwillen nachweislich nicht entsprechen.
Typografie und Layout sind im Vergleich zur Erstausgabe modernisiert, der Romantext wurde neu gesetzt und umbrochen und verfügt daher über eine neue, andere Seitenzählung. Zudem ist er mit einem Zeilenzähler versehen.

MJEA

MJIV

MJIII

MJII

MJI

2017
Werke 2


Herausgeber des Printbandes:

Astrid Köhler, Robert Gillett, Cornelia Bögel und Katja Leuchtenberger unter Mitarbeit von Johanna Steiner.

Umsetzung der digitalen Fassung:

Fabian Kaßner, Marc Lemke, Yvonne Dudzik und Christian Riedel.

Das dritte Buch über Achim

Auf den Schreibtisch
XML/TEI
Dieser Text ist bereits als Print erschienen, jedoch noch nicht in digitaler Form verfügbar.

2019
Werke 3


Herausgeber des Printbandes:

Katja Leuchtenberger und Friederike Schneider. Mit einem Nachwort von Sven Hanuschek, Katja Leuchtenberger und Friederike Schneider.

Das dritte Buch über Achim schrieb Johnson im geteilten, aber noch nicht abgeriegelten Berlin. Als es im September 1961 erschien, wurde es der Roman zum Mauerbau. Erzählt wird, wie der Versuch eines BRD-Reporters, die Biografie eines Radsport-Idols der DDR zu schreiben, an den deutsch-deutschen Unterschieden scheitert. Johnsons Buch traf den historischen Moment: Es macht den Grenzverlauf sichtbar und zeichnet ein präzises Bild beider Deutschlands bis in die tagespolitische Aktualität des Jahres 1960. Knapp 60 Jahre später ist der Roman nicht weniger aktuell, allerdings aus anderen Gründen: Er handelt von Kompromissen und Lebenslügen, von Ästhetik und Ideologie, vom Missbrauch des Sports und der Sprache für politische Zwecke. Nicht zuletzt ist nun erkennbar, dass Das dritte Buch über Achim auch eine Selbstverständigung des jungen Uwe Johnson ist über ein Schreiben unter den Bedingungen, von denen der Roman erzählt. Er ist ein formales Experiment, das die Leser in ein Gespräch ziehen soll über die Unmöglichkeit, ein Leben durch Erzählen zu erfassen.
Die historisch-kritische Ausgabe legt in einem reichhaltigen Stellenkommentar frei, wie der Text seine endgültige Form gefunden hat, wie exakt er an den historischen und politischen Fakten entlanggeschrieben ist und welche Quellen Johnson benutzte. So lädt sie zur Re-Lektüre eines Romans ein, in dem neben den deutsch-deutschen Verhältnissen am Vorabend des Mauerbaus auch knapp 30 Jahre deutsche Geschichte, ein wiedererkennbares Porträt der Stadt Leipzig sowie tiefe Einblicke in den Profi-Radsport aufbewahrt sind.


Das Buch

DBA RA

Seit November 2019 liegt als zweites Buch der Rostocker Ausgabe Johnsons zweitveröffentlichter Roman Das dritte Buch über Achim im Suhrkamp Verlag vor.

Die Textstufen

Die digitale Ausgabe wird alle sechs Textstufen des Romans dokumentieren: vom ersten erhaltenen Typoskript aus dem Jahr 1961 bis zur Rostocker Ausgabe des Jahres 2019.

DBA EA Umschlag

Insgesamt sind vier verschiedene Textstufen des Romans in sieben vollständigen Exemplaren und zwei Teil-Exemplaren erhalten, die in der digitalen Ausgabe mit Faksimiles und Transkriptionen vollständig zugänglich gemacht werden. Zudem kann sich der Nutzer sowohl die Erstausgabe von 1961 als auch den Text der Rostocker Ausgabe von 2019 seiten- und zeilengenau anzeigen lassen.

Erstes erhaltenes Typoskript

Erstes erhaltenes Typoskript, 17.5.1960-2.4.1961, Blatt 33, mit masch. und hs. Annotationen, Änderungen und Korrekturen von Johnson.

DBA I

Die erste erhaltene Fassung umfasst 239 unpaginierte, maschinenschriftlich beschriebene Blätter sowie ein handschriftliches, vollständig durchgestrichenes Blatt, ein handschriftliches Deckblatt und drei leere Blätter. Jedes maschinenschriftliche Blatt ist in zwei Spalten geteilt und in einzeiligem Abstand beschrieben: in der rechten Spalte steht jeweils der Romantext, die linke ist frei für Änderungen, Anmerkungen und Korrekturen, die, soweit sie handschriftlich sind, durchgängig von Johnsons Hand stammen.

Auf der ersten Typoskriptseite hat Johnson die Ziffern-Buchstabenkombination »17560 bf« notiert, die Datum und Ort repräsentiert und darauf verweist, dass er mit der Niederschrift am 17. Mai 1960 in Berlin-Friedenau begonnen hat. Aus vergleichbaren Annotationen ist zu rekonstruieren, dass Johnson das gesamte Typoskript bis zum 26. Februar 1961 weitgehend fertiggestellt und dabei überwiegend chronologisch fortlaufend gearbeitet hat. Geschrieben hat er hauptsächlich in Berlin-Friedenau, teiweise auch in Dahmeshöved an der schleswig-holsteinischen Ostsee sowie im Haus seines Verlegers Siegfried Unseld in Frankfurt am Main. Den Schluss des Romans hat er in einem diskontinuierlichen Arbeitsprozess bis zum 2. April 1961 in Berlin-Friedenau fertiggestellt, wobei er parallel im März 1961 bereits mit der Anfertigung des zweiten erhaltenen Typoskriptes beschäftigt war.

Die Textpassagen, die im Verlag später als Kursivpassagen realisiert wurden und die den gedruckten Roman strukturieren, sind in diesem ersten Typoskript erst ab der fünften Kursivpassage in den maschinenschriftlichen Arbeitsprozess integriert. Sie sind zunächst als vom laufenden Romantext links ausgerückte Textblöcke getippt, die durch handschriftliche horizontale Linien nach oben und unten abgegrenzt sind. Ab der 35. Kursivpassage sind sie in die rechte Textspalte integriert, aber durch Versalien hervorgehoben und durch je eine Leerzeile nach oben und unten abgegrenzt.

Generell ist aus den Änderungen, Anmerkungen und Korrekturen deutlich erkennbar, dass Johnson stellen- und seitenweise gearbeitet hat – er hat also nicht zuerst das Typoskript in Gänze maschinenschriftlich zu Papier gebracht und dann handschriftlich überarbeitet, vielmehr erfolgten maschinenschriftliche und handschriftliche Prozesse teilweise parallel, Johnson stellte eine Seite oft erst fertig, bevor er mit einer neuen begann.

Zweites erhaltenes Typoskript

Zweites erhaltenes Typoskript, o.D. [mutmaßlich 1961], Seite 16, mit hs. Korrekturen von Johnson sowie hs. Annotationen von fremder Hand.

DBA II

Die zweite erhaltene Fassung umfasst 268 fortlaufend paginierte maschinenschriftliche Blätter. Sie liegt in zwei vollständigen Exemplaren vor (Original und Durchschlag) und enthält zusätzlich insgesamt sechs leere Blätter sowie eine als Durchschlag doppelt erhaltene Typoskriptseite. Der vollständige Romantext ist in anderthalbzeiligem Abstand getippt, die insgesamt 70 Textstellen, die im gedruckten Roman als Kursivpassagen realisiert sind, sind in Versalien geschrieben, aber darüber hinaus nicht anders abgesetzt als alle anderen Absätze des laufenden Textes.

Diese Fassung wurde erkennbar als Reinschrift für den Verlag angefertigt, und zwar mit Durchschlagpapier in zweifacher Ausfertigung. Sie ist nicht datiert, anhand von Johnsons Kalender und seinem Briefwechsel mit dem Suhrkamp Verlag lässt sich die Niederschrift aber grob auf die Zeit zwischen Ende Februar und Anfang April 1961 datieren. Sie erfolgte erkennbar parallel zur Fertigstellung des ersten Typoskriptes und wurde am 11. April 1961 an den Suhrkamp Verlag geschickt.

Die meisten Änderungen aus dem ersten Typoskript sind in diesem zweiten Typoskript umgesetzt, zudem sind Formulierungen geändert, ohne dass sich dies auf sichtbare Eingriffe zurückführen ließe. Die maschinenschriftlichen oder handschriftlichen Änderungen, die Johnson in diesem Typoskript noch vorgenommen hat, beziehen sich in vergleichsweise wenigen Fällen auf Änderungen der Formulierung, zum weit überwiegenden Teil dagegen auf die Korrektur von Tippfehlern, Fehlern im Schriftbild oder Übertragungsfehlern bei der Abschrift sowie auf die Kennzeichnung von Absätzen.

Johnsons Änderungen sind sowohl im Original als auch im Durchschlag vollständig enthalten, d.h., er hat auch seine handschriftlichen Änderungen in beiden Exemplaren dokumentiert. Im Original lassen sich darüber hinaus (mindestens) drei weitere Handschriften in (mindestens) sieben verschiedenen Stiften identifizieren, die allesamt auf Mitarbeiter des Suhrkamp Verlags zurückgehen – darunter ein Rotstift aus dem Korrektorat sowie ein Bleistift von Verlagslektor Walter Boehlich, an den Johnson das Typoskript adressiert hatte – und die zeigen, dass das dieses Exemplar als Satzvorlage genutzt wurde.

Korrekturfahne

Korrekturfahne, 19.5. - 7.6.1961, Fahne 8, mit hs. Änderungen und Korrekturen von Johnson sowie hs. Annotationen und Korrekturen von fremder Hand [darunter mutmaßlich Verlagsmitarbeiter Grosse].

DBA III

Der Fahnenabzug des Romans enthält den vom Verlag gesetzten Romantext auf 126 fortlaufend paginierten, langformatigen Blättern – den sogenannten ›Fahnen‹. Er liegt in zwei vollständigen Exemplaren sowie einem Teil-Exemplar vor, das lediglich die letzten 31 Fahnen umfasst.

Die handschriftlichen Spuren in dieser Textstufe dokumentieren, dass die Fahnenabzüge etappenweise zwischen dem 19. Mai und dem 7. Juni 1961 in insgesamt neun Einzellieferungen versandt wurden, und zwar in mindestens drei Ausfertigungen, von denen zwei zur Durchsicht an Uwe Johnson gingen, während eine ausschließlich im Verlag durchgesehen wurde. Am Ende dieses Prozesses wurden alle Änderungen in einem Exemplar zusammengeführt.

Im Verlagsexemplar lassen sich insgesamt drei fremde Hände identifizieren: Es wurde etappenweise von einem Mitarbeiter der Druckerei datiert, dann von einem Korrektor namens Rocco durchgesehen, bevor Verlagsmitarbeiter Grosse die Übertragung der Korrekturen in das Exemplar dokumentierte, das Uwe Johnson parallel durchgesehen hatte.

Johnson selbst erhielt die Fahnen etappenweise während einer Reise durch die USA und trug seine Änderungen und Korrekturen mit schwarzer Tinte ein. Dabei korrigierte er überwiegend Satzfehler, änderte nur an wenigen Stellen letzte Nuancen seines Textes und arbeitete parallel in zwei Exemplaren. Eines dieser Exemplare sandte er, ebenfalls in Einzellieferungen, zurück an den Verlag. Dabei verzögerte sich die Sendung mit den Fahnen 96-126 so erheblich, dass er sein Duplikat dieser letzten 31 Fahnen erneut auf die Post gab – das erklärt das erhaltene Teil-Exemplar mit dem letzten Viertel des Romans (die Fahnen 1-95 dieses Duplikats sind nicht erhalten). Neben Johnsons Hand lassen sich in seinem vollständigen Autorexemplar handschriftliche Spuren mehrerer weiterer Verlagsmitarbeiter identifzieren. Eine Person – vermutlich Verlagsmitarbeiter Grosse – übertrug mit wechselnden Stiftfarben Roccos Korrekturen aus dem Verlagsexemplar. Zudem trug er die Satzanweisungen zur Abgrenzung der Kursivpassagen ein – 2 Leerzeilen davor, eine Leerzeile danach –, die zwar bereits kursiv und als eigene Absätze gesetzt sind, aber noch ohne Abstand stehen. Mit (mindestens vier) weiteren Stiften und von anderen Personen sind u.a. der Stand der Satzarbeiten sowie Verschiebungen im Zeilenfall dokumentiert. Auch der abschließende Abgleich mit der nachfolgenden Textstufe – dem Umbruch – ist dokumentiert, vermutlich wiederum von Rocco, der auch für das Korrektorat des Umbruchs verantwortlich zeichnete.

Umbruch

Umbruch, o.D. [mutmaßlich 1961], Seite 22, 27, mit hs. Annotationen und Korrekturen von fremder Hand.

DBA IV

Der Umbruch des Romans enthält den gesamten Text in fertig umbrochenen, aber noch nicht gebundenen Buchseiten auf insgesamt 85 Blättern. Jedes Blatt ist mit vier Buchseiten bedruckt (je zwei vorne und hinten), die Blätter sind in der Mitte gefalzt und mit offener Falz bogenweise in Viererlagen abgelegt. Er liegt in zwei vollständigen Exemplaren sowie einem Teil-Exemplar mit den Umbruchseiten 257-338 vor.

Der Romantext ist auf insgesamt 338 Buchseiten gesetzt, die Kursivpassagen durchbrechen mit Leerabständen den Text und sind durchgängig nach oben mehr abgegrenzt als nach unten.

Es ist von mindestens vier Ausfertigungen des Umbruchs auszugehen, von denen zwei im Juli 1961 an Uwe Johnson in die USA gingen und zwei ausschließlich im Verlag bearbeitet wurden. Der Versand erfolgte in zwei Etappen: da sich der postalische Austausch der Fahnenkorrekturen verzögert hatte, konnte der Umbruch mit dem letzten Viertel des Romans auf den Seiten 257-338 erst zehn Tage nach den ersten drei Vierteln verschickt werden.

Von Johnsons Korrekturexemplaren ist nur eines erhalten, das zweite muss als ermittelt, aber nicht erhalten gelten. Johnson arbeitete mit schwarzem Kugelschreiber, wobei er an wenigen Stellen noch Änderungen in Interpunktion und Wortwahl vornahm oder an Formulierungen feilte, zum überwiegenden Teil aber Änderungen nachtrug, die er bereits in den Korrekturfahnen eingezeichnet hatte und die von der Setzerei nicht umgesetzt worden waren. Zudem beklagte er einen unschönen Zeilenfall mit weiten Wortabständen.

Im Korrekturexemplar des Verlags haben (mindestens sechs) verschiedene Schreibhände mit (mindestens zehn) unterschiedlichen Stiften letzte Korrekturen, Änderungen und Satzhinweise eingetragen. Am Nacheinander der Handschriften ist zu erkennen, dass der Umbruch mehrere Verlagsabteilungen durchlaufen hat: Der für das Korrektorat verantwortliche Rocco glich den Umbruch mit den Fahnenkorrekturen ab. Verlagsmitarbeiter Grosse übertrug die zusätzlichen Änderungen aus Johnsons Autorexemplar – allerdings nur bis Seite 256. Die später versandten Seiten 257-338 weisen zwar sowohl im vollständigen Verlagsexemplar als auch im erhaltenen Teil-Exemplar handschriftliche Annotationen zu Zeilenfall und Absatzstruktur von Verlagsmitarbeitern auf, Johnsons Korrekturen aus dieser später versandten Lieferung wurden dagegen nicht in das Verlagsexemplar übertragen (wiewohl sie in der Erstausgabe sämtlich realisiert sind). Dafür ist das Verlagsexemplar des Umbruchs reich an Satzanweisungen und Annotationen fremder Hand, die einen kompletten Neu-Umbruch des Romans ausrechnete. Markierungen in Rotstift weisen darauf hin, dass Korrektor Rocco wiederum den abschließenden Abgleich zur Umsetzung der Korrekturen vornahm.

Erstausgabe

Erstausgabe, Suhrkamp Verlag 1961, Seite 26.

DBA EA

Die Erstausgabe von Das dritte Buch über Achim umfasst 337 Seiten – und damit eine Seite weniger als die vorangegangene Textstufe des Umbruchs.

Im Buch ist ein komplett anderer Seiten- und Zeilenumbruch realisiert als Johnson ihn mit dem Umbruch in den USA hatte prüfen können. Das gewünschte Leerzeilensystem, in dem die den Text strukturierenden Kursivpassagen nach oben mehr als nach unten abgesetzt sein sollten, ist in vielen Fällen nicht mehr realisiert. Ob Johnson den Neu-Umbruch nach seiner Rückkehr aus den USA am 22. August noch prüfen konnte, ist nicht dokumentiert; es ist anzunehmen, dass man sich mündlich verständigte.

Die Erstausgabe wurde in einer Auflagenhöhe von 5.000 Exemplaren gedruckt und am 31. August 1961 an den Buchhandel ausgeliefert.

Rostocker Ausgabe

Rostocker Ausgabe, Suhrkamp Verlag 2019, Seite 22.

DBA RA

Für die Rostocker Ausgabe wurde der Roman als verlässlicher Lesetext kritisch ediert, d.h., der Text wurde mit Blick auf den Autorwillen hergestellt und – wo nötig – aus den überlieferten Textstufen rekonstruiert.

Grundlage ist der von Johnson zum Druck freigegebene Text der Erstausgabe, in den nur an wenigen Stellen eingegriffen wurde, um eindeutige Druck- oder Satzfehler zu verbessern, die dem Autorwillen nachweislich nicht entsprechen, darunter das Leerzeilensystem rund um die Kursivpassagen. Im Emendationsverzeichnis ist jeder dieser Eingriffe nachgewiesen und die Entstehung des korrigierten Fehlers anhand der überlieferten Textstufen dokumentiert.

Typografie und Layout sind im Vergleich zur Erstausgabe modernisiert, der Romantext wurde neu gesetzt und umbrochen und verfügt daher über eine neue, andere Seitenzählung. Zudem ist er mit einem Zeilenzähler in Fünferschritten versehen.

Das dritte Buch über Achim schrieb Johnson im geteilten, aber noch nicht abgeriegelten Berlin. Als es im September 1961 erschien, wurde es der Roman zum Mauerbau. Erzählt wird, wie der Versuch eines BRD-Reporters, die Biografie eines Radsport-Idols der DDR zu schreiben, an den deutsch-deutschen Unterschieden scheitert. Johnsons Buch traf den historischen Moment: Es macht den Grenzverlauf sichtbar und zeichnet ein präzises Bild beider Deutschlands bis in die tagespolitische Aktualität des Jahres 1960. Knapp 60 Jahre später ist der Roman nicht weniger aktuell, allerdings aus anderen Gründen: Er handelt von Kompromissen und Lebenslügen, von Ästhetik und Ideologie, vom Missbrauch des Sports und der Sprache für politische Zwecke. Nicht zuletzt ist nun erkennbar, dass Das dritte Buch über Achim auch eine Selbstverständigung des jungen Uwe Johnson ist über ein Schreiben unter den Bedingungen, von denen der Roman erzählt. Er ist ein formales Experiment, das die Leser in ein Gespräch ziehen soll über die Unmöglichkeit, ein Leben durch Erzählen zu erfassen.
Die historisch-kritische Ausgabe legt in einem reichhaltigen Stellenkommentar frei, wie der Text seine endgültige Form gefunden hat, wie exakt er an den historischen und politischen Fakten entlanggeschrieben ist und welche Quellen Johnson benutzte. So lädt sie zur Re-Lektüre eines Romans ein, in dem neben den deutsch-deutschen Verhältnissen am Vorabend des Mauerbaus auch knapp 30 Jahre deutsche Geschichte, ein wiedererkennbares Porträt der Stadt Leipzig sowie tiefe Einblicke in den Profi-Radsport aufbewahrt sind.


Das Buch

DBA RA

Seit November 2019 liegt als zweites Buch der Rostocker Ausgabe Johnsons zweitveröffentlichter Roman Das dritte Buch über Achim im Suhrkamp Verlag vor.

Die Textstufen

Die digitale Ausgabe wird alle sechs Textstufen des Romans dokumentieren: vom ersten erhaltenen Typoskript aus dem Jahr 1961 bis zur Rostocker Ausgabe des Jahres 2019.

DBA EA Umschlag

Insgesamt sind vier verschiedene Textstufen des Romans in sieben vollständigen Exemplaren und zwei Teil-Exemplaren erhalten, die in der digitalen Ausgabe mit Faksimiles und Transkriptionen vollständig zugänglich gemacht werden. Zudem kann sich der Nutzer sowohl die Erstausgabe von 1961 als auch den Text der Rostocker Ausgabe von 2019 seiten- und zeilengenau anzeigen lassen.

Erstes erhaltenes Typoskript

Erstes erhaltenes Typoskript, 17.5.1960-2.4.1961, Blatt 33, mit masch. und hs. Annotationen, Änderungen und Korrekturen von Johnson.

DBA I

Die erste erhaltene Fassung umfasst 239 unpaginierte, maschinenschriftlich beschriebene Blätter sowie ein handschriftliches, vollständig durchgestrichenes Blatt, ein handschriftliches Deckblatt und drei leere Blätter. Jedes maschinenschriftliche Blatt ist in zwei Spalten geteilt und in einzeiligem Abstand beschrieben: in der rechten Spalte steht jeweils der Romantext, die linke ist frei für Änderungen, Anmerkungen und Korrekturen, die, soweit sie handschriftlich sind, durchgängig von Johnsons Hand stammen.

Auf der ersten Typoskriptseite hat Johnson die Ziffern-Buchstabenkombination »17560 bf« notiert, die Datum und Ort repräsentiert und darauf verweist, dass er mit der Niederschrift am 17. Mai 1960 in Berlin-Friedenau begonnen hat. Aus vergleichbaren Annotationen ist zu rekonstruieren, dass Johnson das gesamte Typoskript bis zum 26. Februar 1961 weitgehend fertiggestellt und dabei überwiegend chronologisch fortlaufend gearbeitet hat. Geschrieben hat er hauptsächlich in Berlin-Friedenau, teiweise auch in Dahmeshöved an der schleswig-holsteinischen Ostsee sowie im Haus seines Verlegers Siegfried Unseld in Frankfurt am Main. Den Schluss des Romans hat er in einem diskontinuierlichen Arbeitsprozess bis zum 2. April 1961 in Berlin-Friedenau fertiggestellt, wobei er parallel im März 1961 bereits mit der Anfertigung des zweiten erhaltenen Typoskriptes beschäftigt war.

Die Textpassagen, die im Verlag später als Kursivpassagen realisiert wurden und die den gedruckten Roman strukturieren, sind in diesem ersten Typoskript erst ab der fünften Kursivpassage in den maschinenschriftlichen Arbeitsprozess integriert. Sie sind zunächst als vom laufenden Romantext links ausgerückte Textblöcke getippt, die durch handschriftliche horizontale Linien nach oben und unten abgegrenzt sind. Ab der 35. Kursivpassage sind sie in die rechte Textspalte integriert, aber durch Versalien hervorgehoben und durch je eine Leerzeile nach oben und unten abgegrenzt.

Generell ist aus den Änderungen, Anmerkungen und Korrekturen deutlich erkennbar, dass Johnson stellen- und seitenweise gearbeitet hat – er hat also nicht zuerst das Typoskript in Gänze maschinenschriftlich zu Papier gebracht und dann handschriftlich überarbeitet, vielmehr erfolgten maschinenschriftliche und handschriftliche Prozesse teilweise parallel, Johnson stellte eine Seite oft erst fertig, bevor er mit einer neuen begann.

Zweites erhaltenes Typoskript

Zweites erhaltenes Typoskript, o.D. [mutmaßlich 1961], Seite 16, mit hs. Korrekturen von Johnson sowie hs. Annotationen von fremder Hand.

DBA II

Die zweite erhaltene Fassung umfasst 268 fortlaufend paginierte maschinenschriftliche Blätter. Sie liegt in zwei vollständigen Exemplaren vor (Original und Durchschlag) und enthält zusätzlich insgesamt sechs leere Blätter sowie eine als Durchschlag doppelt erhaltene Typoskriptseite. Der vollständige Romantext ist in anderthalbzeiligem Abstand getippt, die insgesamt 70 Textstellen, die im gedruckten Roman als Kursivpassagen realisiert sind, sind in Versalien geschrieben, aber darüber hinaus nicht anders abgesetzt als alle anderen Absätze des laufenden Textes.

Diese Fassung wurde erkennbar als Reinschrift für den Verlag angefertigt, und zwar mit Durchschlagpapier in zweifacher Ausfertigung. Sie ist nicht datiert, anhand von Johnsons Kalender und seinem Briefwechsel mit dem Suhrkamp Verlag lässt sich die Niederschrift aber grob auf die Zeit zwischen Ende Februar und Anfang April 1961 datieren. Sie erfolgte erkennbar parallel zur Fertigstellung des ersten Typoskriptes und wurde am 11. April 1961 an den Suhrkamp Verlag geschickt.

Die meisten Änderungen aus dem ersten Typoskript sind in diesem zweiten Typoskript umgesetzt, zudem sind Formulierungen geändert, ohne dass sich dies auf sichtbare Eingriffe zurückführen ließe. Die maschinenschriftlichen oder handschriftlichen Änderungen, die Johnson in diesem Typoskript noch vorgenommen hat, beziehen sich in vergleichsweise wenigen Fällen auf Änderungen der Formulierung, zum weit überwiegenden Teil dagegen auf die Korrektur von Tippfehlern, Fehlern im Schriftbild oder Übertragungsfehlern bei der Abschrift sowie auf die Kennzeichnung von Absätzen.

Johnsons Änderungen sind sowohl im Original als auch im Durchschlag vollständig enthalten, d.h., er hat auch seine handschriftlichen Änderungen in beiden Exemplaren dokumentiert. Im Original lassen sich darüber hinaus (mindestens) drei weitere Handschriften in (mindestens) sieben verschiedenen Stiften identifizieren, die allesamt auf Mitarbeiter des Suhrkamp Verlags zurückgehen – darunter ein Rotstift aus dem Korrektorat sowie ein Bleistift von Verlagslektor Walter Boehlich, an den Johnson das Typoskript adressiert hatte – und die zeigen, dass das dieses Exemplar als Satzvorlage genutzt wurde.

Korrekturfahne

Korrekturfahne, 19.5. - 7.6.1961, Fahne 8, mit hs. Änderungen und Korrekturen von Johnson sowie hs. Annotationen und Korrekturen von fremder Hand [darunter mutmaßlich Verlagsmitarbeiter Grosse].

DBA III

Der Fahnenabzug des Romans enthält den vom Verlag gesetzten Romantext auf 126 fortlaufend paginierten, langformatigen Blättern – den sogenannten ›Fahnen‹. Er liegt in zwei vollständigen Exemplaren sowie einem Teil-Exemplar vor, das lediglich die letzten 31 Fahnen umfasst.

Die handschriftlichen Spuren in dieser Textstufe dokumentieren, dass die Fahnenabzüge etappenweise zwischen dem 19. Mai und dem 7. Juni 1961 in insgesamt neun Einzellieferungen versandt wurden, und zwar in mindestens drei Ausfertigungen, von denen zwei zur Durchsicht an Uwe Johnson gingen, während eine ausschließlich im Verlag durchgesehen wurde. Am Ende dieses Prozesses wurden alle Änderungen in einem Exemplar zusammengeführt.

Im Verlagsexemplar lassen sich insgesamt drei fremde Hände identifizieren: Es wurde etappenweise von einem Mitarbeiter der Druckerei datiert, dann von einem Korrektor namens Rocco durchgesehen, bevor Verlagsmitarbeiter Grosse die Übertragung der Korrekturen in das Exemplar dokumentierte, das Uwe Johnson parallel durchgesehen hatte.

Johnson selbst erhielt die Fahnen etappenweise während einer Reise durch die USA und trug seine Änderungen und Korrekturen mit schwarzer Tinte ein. Dabei korrigierte er überwiegend Satzfehler, änderte nur an wenigen Stellen letzte Nuancen seines Textes und arbeitete parallel in zwei Exemplaren. Eines dieser Exemplare sandte er, ebenfalls in Einzellieferungen, zurück an den Verlag. Dabei verzögerte sich die Sendung mit den Fahnen 96-126 so erheblich, dass er sein Duplikat dieser letzten 31 Fahnen erneut auf die Post gab – das erklärt das erhaltene Teil-Exemplar mit dem letzten Viertel des Romans (die Fahnen 1-95 dieses Duplikats sind nicht erhalten). Neben Johnsons Hand lassen sich in seinem vollständigen Autorexemplar handschriftliche Spuren mehrerer weiterer Verlagsmitarbeiter identifzieren. Eine Person – vermutlich Verlagsmitarbeiter Grosse – übertrug mit wechselnden Stiftfarben Roccos Korrekturen aus dem Verlagsexemplar. Zudem trug er die Satzanweisungen zur Abgrenzung der Kursivpassagen ein – 2 Leerzeilen davor, eine Leerzeile danach –, die zwar bereits kursiv und als eigene Absätze gesetzt sind, aber noch ohne Abstand stehen. Mit (mindestens vier) weiteren Stiften und von anderen Personen sind u.a. der Stand der Satzarbeiten sowie Verschiebungen im Zeilenfall dokumentiert. Auch der abschließende Abgleich mit der nachfolgenden Textstufe – dem Umbruch – ist dokumentiert, vermutlich wiederum von Rocco, der auch für das Korrektorat des Umbruchs verantwortlich zeichnete.

Umbruch

Umbruch, o.D. [mutmaßlich 1961], Seite 22, 27, mit hs. Annotationen und Korrekturen von fremder Hand.

DBA IV

Der Umbruch des Romans enthält den gesamten Text in fertig umbrochenen, aber noch nicht gebundenen Buchseiten auf insgesamt 85 Blättern. Jedes Blatt ist mit vier Buchseiten bedruckt (je zwei vorne und hinten), die Blätter sind in der Mitte gefalzt und mit offener Falz bogenweise in Viererlagen abgelegt. Er liegt in zwei vollständigen Exemplaren sowie einem Teil-Exemplar mit den Umbruchseiten 257-338 vor.

Der Romantext ist auf insgesamt 338 Buchseiten gesetzt, die Kursivpassagen durchbrechen mit Leerabständen den Text und sind durchgängig nach oben mehr abgegrenzt als nach unten.

Es ist von mindestens vier Ausfertigungen des Umbruchs auszugehen, von denen zwei im Juli 1961 an Uwe Johnson in die USA gingen und zwei ausschließlich im Verlag bearbeitet wurden. Der Versand erfolgte in zwei Etappen: da sich der postalische Austausch der Fahnenkorrekturen verzögert hatte, konnte der Umbruch mit dem letzten Viertel des Romans auf den Seiten 257-338 erst zehn Tage nach den ersten drei Vierteln verschickt werden.

Von Johnsons Korrekturexemplaren ist nur eines erhalten, das zweite muss als ermittelt, aber nicht erhalten gelten. Johnson arbeitete mit schwarzem Kugelschreiber, wobei er an wenigen Stellen noch Änderungen in Interpunktion und Wortwahl vornahm oder an Formulierungen feilte, zum überwiegenden Teil aber Änderungen nachtrug, die er bereits in den Korrekturfahnen eingezeichnet hatte und die von der Setzerei nicht umgesetzt worden waren. Zudem beklagte er einen unschönen Zeilenfall mit weiten Wortabständen.

Im Korrekturexemplar des Verlags haben (mindestens sechs) verschiedene Schreibhände mit (mindestens zehn) unterschiedlichen Stiften letzte Korrekturen, Änderungen und Satzhinweise eingetragen. Am Nacheinander der Handschriften ist zu erkennen, dass der Umbruch mehrere Verlagsabteilungen durchlaufen hat: Der für das Korrektorat verantwortliche Rocco glich den Umbruch mit den Fahnenkorrekturen ab. Verlagsmitarbeiter Grosse übertrug die zusätzlichen Änderungen aus Johnsons Autorexemplar – allerdings nur bis Seite 256. Die später versandten Seiten 257-338 weisen zwar sowohl im vollständigen Verlagsexemplar als auch im erhaltenen Teil-Exemplar handschriftliche Annotationen zu Zeilenfall und Absatzstruktur von Verlagsmitarbeitern auf, Johnsons Korrekturen aus dieser später versandten Lieferung wurden dagegen nicht in das Verlagsexemplar übertragen (wiewohl sie in der Erstausgabe sämtlich realisiert sind). Dafür ist das Verlagsexemplar des Umbruchs reich an Satzanweisungen und Annotationen fremder Hand, die einen kompletten Neu-Umbruch des Romans ausrechnete. Markierungen in Rotstift weisen darauf hin, dass Korrektor Rocco wiederum den abschließenden Abgleich zur Umsetzung der Korrekturen vornahm.

Erstausgabe

Erstausgabe, Suhrkamp Verlag 1961, Seite 26.

DBA EA

Die Erstausgabe von Das dritte Buch über Achim umfasst 337 Seiten – und damit eine Seite weniger als die vorangegangene Textstufe des Umbruchs.

Im Buch ist ein komplett anderer Seiten- und Zeilenumbruch realisiert als Johnson ihn mit dem Umbruch in den USA hatte prüfen können. Das gewünschte Leerzeilensystem, in dem die den Text strukturierenden Kursivpassagen nach oben mehr als nach unten abgesetzt sein sollten, ist in vielen Fällen nicht mehr realisiert. Ob Johnson den Neu-Umbruch nach seiner Rückkehr aus den USA am 22. August noch prüfen konnte, ist nicht dokumentiert; es ist anzunehmen, dass man sich mündlich verständigte.

Die Erstausgabe wurde in einer Auflagenhöhe von 5.000 Exemplaren gedruckt und am 31. August 1961 an den Buchhandel ausgeliefert.

Rostocker Ausgabe

Rostocker Ausgabe, Suhrkamp Verlag 2019, Seite 22.

DBA RA

Für die Rostocker Ausgabe wurde der Roman als verlässlicher Lesetext kritisch ediert, d.h., der Text wurde mit Blick auf den Autorwillen hergestellt und – wo nötig – aus den überlieferten Textstufen rekonstruiert.

Grundlage ist der von Johnson zum Druck freigegebene Text der Erstausgabe, in den nur an wenigen Stellen eingegriffen wurde, um eindeutige Druck- oder Satzfehler zu verbessern, die dem Autorwillen nachweislich nicht entsprechen, darunter das Leerzeilensystem rund um die Kursivpassagen. Im Emendationsverzeichnis ist jeder dieser Eingriffe nachgewiesen und die Entstehung des korrigierten Fehlers anhand der überlieferten Textstufen dokumentiert.

Typografie und Layout sind im Vergleich zur Erstausgabe modernisiert, der Romantext wurde neu gesetzt und umbrochen und verfügt daher über eine neue, andere Seitenzählung. Zudem ist er mit einem Zeilenzähler in Fünferschritten versehen.

Auf den Schreibtisch
XML/TEI
Dieser Text ist bereits als Print erschienen, jedoch noch nicht in digitaler Form verfügbar.

2019
Werke 3


Herausgeber des Printbandes:

Katja Leuchtenberger und Friederike Schneider. Mit einem Nachwort von Sven Hanuschek, Katja Leuchtenberger und Friederike Schneider.

Karsch, und andere Prosa

Auf den Schreibtisch
XML/TEI
Dieser Text ist bereits als Print erschienen, jedoch noch nicht in digitaler Form verfügbar.

2021
Werke 4


Herausgeber des Printbandes:

Yvonne Dudzik und Christian Riedel unter Mitarbeit von Nina Pilz.

Mit dem Band Karsch, und andere Prosa veröffentlichte Uwe Johnson zum ersten Mal Erzählungen. Sie erhellen einen entscheidenden Moment in seiner Entwicklung: Zum einen treten neben die deutlich formorientierten Romane nun episodisch konzentrierte, atmosphärisch dichte Erzählformen. Zum anderen ist jede Erzählung eine Wiederbegegnung: Osterwasser, Beihilfe zum Umzug und Geschenksendung, keine Handelsware spielen in verschiedenen Lebensphasen der aus Mutmassungen über Jakob bekannten Gesine Cresspahl. Der umfangreichste Text, Eine Reise wegwohin, 1960, knüpft an Das dritte Buch über Achim an. Er variiert die Perspektive auf die Reise des Journalisten Karsch in die DDR, von der Johnson dort erzählt, und fügt ihr eine Fortsetzung hinzu. Die früheste Erzählung wiederum, Jonas zum Beispiel, ist ein Schlüsseltext zu Johnsons Umgang mit biblischen Stoffen, der zugleich eine literarische Selbstverständigung des Autors ist. Jeder der Texte des Bandes ist in sich geschlossen, in ihrer Gesamtheit geben sie Einblick in die Werkstatt des Autors.


Das Buch

Karsch RA

Seit Dezember 2021 liegt als vierter Band der Rostocker Ausgabe Johnsons Prosaband Karsch, und andere Prosa im Suhrkamp Verlag vor, der ursprünglich 1964 nach den ersten beiden Romanen Johnsons veröffentlicht worden war.

Die Textstufen

Beispiel für ein erstes Typoskript: ReiseI, Typoskript, 2.10.-30.12.1963, Blatt 1: Anfang der Erzählung Eine Reise wegwohin, 1960, 1 Bl., masch., mit masch. und hs. Änderungen und Korrekturen von Johnson.

Eine Reise wegwohin, 1960 I

Die digitale Ausgabe wird alle Textstufen der insgesamt fünf Prosatexte des Bandes dokumentieren: von den ersten erhaltenen Typoskripten (die im Falle von Jonas zum Beispiel zurückgehen bis ins Jahr 1957, sonst aber überwiegend aus 1963 stammen) bis zur Rostocker Ausgabe des Jahres 2021.

Alle für den Band erhaltenen Textträger inklusive weiterer Drucke vor Erstausgabe sind in einem Stemma in ihrer zeitlichen Folge und textlichen Abhängigkeit vergleichend eingeordnet.

Textstufen-Übersicht

Während sich aus den Typoskripten und eventuellen Erstdrucken für jede Erzählung ein individuelles Bild ergibt, liegen mit Beginn der Herstellungsarbeiten im Verlag Textstufen vor, die allen fünf Texten gemeinsam sind. Der Nutzer der digitalen Ausgabe kann sich sowohl die Erstausgabe von 1964 als auch den Text der Rostocker Ausgabe von 2021 seiten- und zeilengenau anzeigen lassen.

Schutzumschlag EA

Insgesamt lassen sich bei den fünf Texten des Bandes bis zur Erstausgabe typische Textstufen wie frühe (zweispaltig organisierte) und spätere (einspaltige) Typoskripte, Korrekturfahnen und Umbrüche nachweisen, die in der digitalen Ausgabe mit Faksimiles und Transkriptionen vollständig zugänglich gemacht werden. Für jeden einzelnen Text wird dann der Entstehungsprozess bis ins Detail nachvollziehbar.

Osterwasser

OsterwasserI, erstes erhaltenes Manuskript und Typoskript, 13.-21.6.1963, Blatt 35: Anfang der Erzählung, 1 Bl., hs., mit hs. Änderungen und Korrekturen von Johnson.

Osterwasser I

Die erste erhaltene Textstufe von Osterwasser (OsterwasserI) ist als Textträger mit insgesamt sieben unpaginierten und gelochten Blättern erhalten. Das erste Blatt mit dem Anfang der Erzählung ist handschriftlich verfasst, die anderen sechs Blätter maschinenschriftlich; alle sieben Blätter sind zweispaltig organisiert und enthalten in der linken Spalte handschriftliche, im Fall der Typoskriptseiten auch maschinenschriftliche Anmerkungen, Änderungen, Korrekturen; neben Johnsons Hand kommt keine andere Handschrift vor.

Der Orts-/Datumsvermerk auf dem ersten Blatt lautet »13663 dh«, wobei die Ziffernkombination das Datum repräsentiert – gemeint ist der 13. Juni 1963 –, die Buchstabenkombination den Ort Dahmeshöved. Drei weitere entsprechende Vermerke – das vierte Blatt ist auf den 14. Juni datiert, das fünfte auf den 18. und das siebte auf den 21. Juni – zeugen davon, dass die Niederschrift an neun Tagen im Juni 1963 in Dahmeshöved in Ostholstein erfolgte.

Auffällig ist, dass Johnson das Typoskript nicht, wie sonst üblich, als zusammenhängendes Konvolut aufbewahrte, sondern verstreut zwischen Blättern mit anderen Entwürfen und Briefen: OsterwasserI wird in einer Mappe mit insgesamt 50 Blättern aufbewahrt, die vom 28. Juli bis zum 20. Mai 1963 chronologisch rückwärts sortiert sind. Nicht zuletzt diese besondere Form der Ablage verweist auf einen Entstehungskontext, in dem Johnson mehrere Erzählprojekte parallel entwickelte.

Die nächste dokumentierte Textstufe von Osterwasser ist bereits der Erstdruck in der Süddeutschen Zeitung vom 1./2. Februar 1964, der zeitlich parallel zu den letzten Herstellungsarbeiten für den Karsch-Band im Verlag erfolgte und in dem – ebenso wie in der Erstausgabe – die in OsterwasserI vorgenommenen Änderungen realisiert sind. Allerdings weisen Erstdruck und Erstausgabe übereinstimmende Abweichungen von OsterwasserI auf, die sich auf einzelne Wörter ebenso wie auf ganze Wendungen beziehen und die nur auf Veranlassung Johnsons erfolgt sein können. Nicht zuletzt deshalb ist anzunehmen, dass als Satzvorlage (mindestens) eine Reinschrift von OsterwasserI zur Verfügung gestanden hat, die heute als ermittelt, aber nicht erhalten gelten muss und die Johnson vermutlich im Herbst 1963 angefertigt hat.

Beihilfe zum Umzug

BeihilfeI, 24.6.-29.7.1963, erstes erhaltenes Typoskript, Blatt 9: Anfang der Erzählung Beihilfe zum Umzug, 1 Bl., masch., mit hs. Änderungen und Korrekturen von Johnson.

Beihilfe zum Umzug I

Für Beihilfe zum Umzug sind drei Typoskripte von jeweils vier unpaginierten Blättern erhalten, die erkennbar in einer zeitlichen Folge stehen, wobei die ersten beiden eine zweispaltige Blattaufteilung aufweisen, die typisch für Johnsons frühe Typoskripte ist, während das dritte Typoskript die einspaltige Organisation eines späteren Typoskripts hat. Einzig der erste erhaltene Textträger, BeihilfeI, ist maschinenschriftlich datiert, und zwar auf den Zeitraum vom 24. Juni bis zum 29. Juli 1963; die Ortskürzel »dh« und »bfn« zeigen, dass Johnson die Arbeit am Typoskript in Dahmeshöved begonnen und später in Berlin-Friedenau beendet hat. Mit weniger als zwanzig Änderungen hat Johnson schon in diesem ersten Typoskript nur noch vergleichsweise wenig am Text gearbeitet, meistens auf der Wortebene. Am auffälligsten ist, dass das Typoskript keinen maschinenschriftlichen Titel trägt, sondern dass der Titel handschriftlich eingetragen und geändert wurde.

Die beiden anderen Typoskripte sind nicht datiert, es ist aber zu vermuten, dass das einspaltige dritte Typoskript als Satzvorlage für den Verlag im Herbst 1963 entstanden ist; dafür spricht auch, dass hier zusätzlich am linken Rand alle Absätze des Textes mit Strichmarkierungen gekennzeichnet sind. Spuren fremder Hand trägt keines der drei Typoskripte.

Geschenksendung, keine Handelsware

GeschenksendungI, 5.10.1963, erstes erhaltenes Typoskript, Blatt 10: Anfang der Erzählung Geschenksendung, keine Handelsware, 1 Bl., masch., mit masch. und hs. Änderungen und Korrekturen von Johnson.

Geschenksendung, keine Handelsware I

Auch von Geschenksendung, keine Handelsware sind drei Typoskripte erhalten, von denen die ersten beiden jeweils vier Blätter umfassen und zweispaltig organisiert sind, während das dritte Typoskript mit insgesamt fünf Blättern einspaltig getippt ist. Anders als im Fall von Beihilfe sind die drei Typoskripte von Geschenksendung offenbar in enger zeitlicher Folge entstanden: Das erste Typoskript (GeschenksendungI) ist maschinenschriftlich datiert auf den 5. Oktober 1963 in Berlin-Friedenau, das zweite handschriftlich auf den 14. Oktober 1963, ebenfalls in Berlin-Friedenau. Das dritte Typoskript ist undatiert, doch wie schon bei Beihilfe lässt sich vermuten, dass Johnson es im Herbst 1963 als Satzvorlage für den Verlag anfertigte.

Der Titel der Erzählung ist in allen drei Typoskripten von vornherein maschinenschriftlich niedergeschrieben, lediglich die Schreibweise änderte sich noch. Die ersten beiden Typoskripte enthalten wenige maschinenschriftliche, aber für Johnsons frühe Typoskripte vergleichsweise viele handschriftliche Änderungen und Korrekturen, eine andere Handschrift außer Johnsons findet sich nicht. Die Textänderungen betreffen die Wortebene, bei der Umarbeitung ganzer Textpassagen ergeben sich häufig auch inhaltliche Verschiebungen. Strichmarkierungen im dritten Typoskript kennzeichnen wie auch in Beihilfe die Absätze des Textes.

Eine Reise wegwohin, 1960

Für die längste Erzählung des Bandes sind zwei Typoskripte erhalten, wobei das zweite Typoskript (ReiseII) in drei Exemplaren vorliegt.

Das erste Typoskript (ReiseI) zeigt als frühes Typoskript von Johnson Anmerkungen, Änderungen und Korrekturen in der breiten linken Spalte. Es umfasst 34 unpaginierte, maschinenschriftlich beschriebene Blätter, viele davon sind datiert, sodass sich die Entstehungszeit gut rekonstruieren lässt: Wenige Blätter lagen Anfang Oktober 1963 vor, nach mehreren Reisen schrieb Johnson dann ab dem 28. November nahezu täglich an dem Text, um ihn am 30. Dezember 1963 in dieser ersten Fassung fertigzustellen. Das durchgängige Ortskürzel »bfn« zeigt, dass die Niederschrift ausschließlich in Berlin-Friedenau erfolgte.

Die zahlreichen Textänderungen, die von einer intensiven Arbeit am Text zeugen, erfolgten zuweilen maschinenschriftlich, meistens aber handschriftlich. Sie betreffen die Wortebene ebenso wie die Satzebene, häufig auch ganze Textpassagen, wobei Johnson auch neuen Text noch einmal umarbeitete.

Beispiel für ein späteres Typoskript: ReiseII, Typoskript, o.D. [mutmaßlich 1963], Seite 30 von Eine Reise wegwohin, 1960, mit Einfügung auf einem gesonderten Blatt, 1 Bl., masch., mit hs. Änderungen und Korrekturen von Johnson sowie einem aufgeklebten, hs. Blatt.

Eine Reise wegwohin, 1960 II

Das zweite erhaltene Typoskript (ReiseII) ist als späteres Typoskript einspaltig getippt; es umfasst 39 paginierte, maschinenschriftlich beschriebene Blätter und liegt in drei vollständigen Exemplaren vor, die erkennbar als Original mit zwei Durchschlägen angefertigt wurden. Es weist neben maschinenschriftlichen und handschriftlichen Korrekturen von Tipp- und Übertragungsfehlern nur noch punktuell handschriftliche Änderungen auf, von denen nicht alle in allen drei Exemplaren eingetragen sind (wohingegen alle maschinenschriftlichen und auch manche der handschriftlichen Änderungen sowie Korrekturen von Tippfehlern und Strichmarkierungen der Absätze am linken Rand für alle drei Exemplare zugleich vorgenommen wurden).

Nur in einem einzigen Exemplar – einem Durchschlag – sind alle (insgesamt 28) handschriftlichen Änderungen sowie nahezu alle Korrekturen und Anmerkungen von Johnsons Hand zusammengeführt, darunter eine umfangreiche Einfügung, die Johnson auf einem gesonderten Blatt notierte und mit einem Klebestreifen einklebte. Im getippten Original-Exemplar – offenbar dasjenige, mit dem im Verlag gearbeitet wurde – wurde von fremden Händen gearbeitet, dabei wurden einige der Änderungen aus Johnsons Exemplar eingetragen, zudem wurden vermutlich vom Korrektorat und von der Verlagsherstellung Kreuz- und Strichmarkierungen angebracht. Der zweite Durchschlag enthält keinerlei Spuren, die über die durchgeschlagenen oder parallel von Johnson eingepflegten Änderungen hinausgehen.

Jonas zum Beispiel

JonasI, Typoskript, 11.11.1957, Blatt 49: Anfang der Erzählung Jonas zum Beispiel, 1 Bl., masch., mit hs. Annotation von Johnson.

Jonas zum Beispiel I

Für diesen frühen Text sind zwei Typoskripte erhalten.

Das erste Typoskript (JonasI), ein beidseitig beschriebenes Blatt, enthält außer einem handschriftlich eingefügten Komma keinerlei Änderungen oder Korrekturen. Mit seinem breiten linken Rand deutet es bereits die später von Johnson praktizierte Zweispaltigkeit früher Typoskripte an. Der maschinenschriftliche Text trägt keinen Titel. Auf der Vorderseite des Blattes hat Johnson oben rechts handschriftlich Ort und Datum der Niederschrift notiert: »at Jake’s, 11-XI-1957«. Demnach hat er das Typoskript am 11. November 1957 bei seinem Freund Manfred Bierwisch (genannt Jake) in Leipzig geschrieben, bei dem er in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre zeitweise wohnte.

Das zweite erhaltene Typoskript mit dem Titel »Uwe Johnson, Besonders die kleinen Propheten« umfasst zwei einseitig beschriebene Blätter und ist wie ein späteres Typoskript einspaltig organisiert. Abgesehen von zwei korrigierten Tippfehlern enthalten die beiden Blätter keinerlei weitere Änderungen, allerdings ergibt ein Textvergleich mit dem ersten Typoskript, dass drei Formulierungen verändert wurden. Das Typoskript trägt keine Hinweise auf Ort oder Datum seiner Entstehung, es ist zu vermuten, dass es als Satzvorlage für den Erstdruck in der italienischen Zeitschrift Botthege Oscure aus dem Jahr 1960 angefertigt wurde.

Nach diesem Erstdruck folgten im Laufe des Jahres 1962 Abdrucke in der FAZ und im Tagesspiegel sowie in einer Anthologie und in einer Schülerzeitung, außerdem ein Sonderdruck für eine Lesung bei der Gruppe 47 im Herbst 1963. Textänderungen sowie Änderungen des Titels (Jona zum Beispiel statt bisher: Besonders die kleinen Propheten) deuten darauf hin, dass Johnson den Text nach der Publikation in der FAZ noch einmal überarbeitet hat; Satzvorlagen für diese Drucke fehlen ebenso wie eine Satzvorlage für die Erstausgabe, insofern muss von mindestens einer weiteren Textstufe ausgegangen werden, die ermittelt, aber nicht erhalten ist. Kleinere Abweichungen zwischen den verschiedenen Abdrucken vor der Erstausgabe betreffen vor allem Interpunktion und Orthografie und lassen sich vermutlich jeweils auf den Setzer zurückführen.

Korrekturfahnen (KPI)

KPI, Korrekturfahne, o. D. [15.1.1964], Fahne 43: Auszug aus Eine Reise wegwohin, 1960, 1 Bl., gedr., mit hs. Änderungen und Korrekturen von Johnson und fremder Hand.

Auszug aus Eine Reise wegwohin, 1960

Der Textträger, in dem erstmals alle fünf Erzählungen des Bandes in einer Textstufe zusammengeführt sind, ist der Fahnenabzug (KPI), der auf 34 meist langformatigen Blättern (›Fahnen‹) den vom Verlag gesetzten und gedruckten Text enthält. Der auf den Fahnen gedruckte Text entspricht nicht der Abfolge im späteren Buch, sondern vermutlich der Reihenfolge, in der die Texte (und auch die Paratexte) im Verlag eingegangen sind: Von der Titelei sind auf Blatt 1 Impressum, Vita und Ankündigungstext schon enthalten, danach folgen bis Blatt 11 Osterwasser, Beihilfe, Geschenksendung und Jonas zum Beispiel, wobei die Titel der Erzählungen jeweils kursiv gesetzt sind. Im unteren Bereich von Blatt 11 beginnt, auf die gleiche Weise abgesetzt, die Bibliografie, die in der Erstausgabe im Anhang steht. Erst die Blätter 14-34 enthalten die Reise-Erzählung, die als letzter Text im Verlag eingetroffen war, im Buch aber zwischen Geschenksendung und Jonas steht. Am Ende von Blatt 34 steht Johnsons Vita, die im Buch im Anhang vor der Bibliografie platziert ist.

Jede Fahne trägt (mit zwei Ausnahmen) eine gedruckte Kopfzeile mit dem ursprünglich geplanten (Kurz-)Titel »Berliner Stadtbahn«, den Unseld und Johnson erst Anfang Januar 1964 zugunsten des Buchtitels Karsch, und andere Prosa verworfen hatten. Die Kopfzeile enthält außerdem jeweils eine Pagina und ein Kürzel, das vermutlich für den bearbeitenden Setzer steht. Blätter mit fehlenden Seitenzahlen deuten darauf hin, dass die ursprünglich für den Band vorgesehenen und daher bereits gesetzten Texte Berliner Stadtbahn und Boykott der Berliner Stadtbahn entfernt wurden; das würde auch den Beschnitt von insgesamt drei Fahnen erklären, den Johnson offenbar selbst vorgenommen hat.

Johnson griff in diesem Arbeitsstadium in vier seiner Erzählungen kaum noch ein: In Osterwasser änderte er zwei Details, in den anderen drei kurzen Erzählungen jeweils nur eine Stelle. Am meisten änderte er in der längsten (und unter dem größten Zeitdruck entstandenen) Erzählung Eine Reise wegwohin, 1960. Dabei übertrug er diejenigen Änderungen, die er sich vermutlich schon vorher in seinem Exemplar des zweiten Typoskriptes, ReiseII, notiert hatte. Insgesamt änderte Johnson den Text noch an 16 Stellen, meistens auf Wortebene, manchmal stellte er die Syntax um, nur vereinzelt griff er noch in ganze Textpassagen ein. Zudem korrigierte er zahlreiche Satzfehler, darunter den komplett falsch gesetzten Schluss von Geschenksendung, keine Handelsware. Allerdings hat er eine ganze Reihe von Satzfehlern übersehen, die in der Eile der Satzarbeiten in vergleichsweise hoher Zahl in den Text geraten waren und die im Umbruch KPII stillschweigend wieder korrigiert sind – ein klares Indiz dafür, dass die Korrekturfahnen im Verlag noch einem Abgleich mit der Satzvorlageunterzogen wurden, bevor die Arbeiten für den Umbruch KPII begannen. Das entsprechende Korrekturexemplar von KPI muss als ermittelt, aber nicht erhalten gelten. Auch die in KPI bereits enthaltenen Paratexte sah Johnson durch, änderte auf dem ersten Blatt Inhalt und Titel des Bandes gemäß der neuen Konzeption und nahm auch Änderungen in seiner Vita vor. Danach sandte er die Fahnen wieder an den Verlag zurück. Allerdings war er dabei offenkundig zu voreilig gewesen, denn schon zwei Tage später schickte er eine Liste mit insgesamt fünf nachträglichen Änderungen.

Umbruch (KPII und KPIIa)

KPII, Umbruch, 28.1.-31.1.1964, Seite 66 mit einem Auszug aus Eine Reise wegwohin, 1960, 1 Bl., gedr., mit hs. Korrektur von Johnson und hs. Annotationen von fremder Hand.

Auszug aus Eine Reise wegwohin, 1960

Der Umbruch des Textes ist mit einem vollständigen Exemplar von 56 Blättern zzgl. eines Korrekturblattes sowie mit einem Teil-Exemplar von 8 Blättern erhalten, wobei das Teil-Exemplar lediglich den ersten Druckbogen mit den ersten 16 Buchseiten umfasst. Jedes Blatt ist sowohl vorne als auch hinten bedruckt. Zwei Blätter gehören jeweils zu einem Papierbogen vom Aufschlagformat des Buches, die Bögen sind in der Mitte gefalzt und so ineinandergelegt, dass es den später zum Buchblock gebundenen Heftlagen entspricht.

Das Teil-Exemplar enthält lediglich drei Korrekturen von Satzfehlern sowie die Markierung einer Verschmutzung und eine Annotation zu einem eventuell zu tilgenden Komma. Dabei hat neben der Hand mit dem schwarzen Kugelschreiber noch eine andere Hand gearbeitet, die einen Bleistift benutzte. Auf dem Titelblatt haben zwei Hände ihre Arbeit datiert (auf den 28. und 30. Januar 1964), die eine arbeitete mit Bleistift, die andere mit schwarzem Kugelschreiber.

Das vollständige Exemplar KPII enthält alle Seiten des späteren Buches, also den gesamten Text der Erstausgabe inklusive aller Begleittexte (Vita, Bibliografie sowie das Nachwort von Walter Maria Guggenheimer), außerdem die Titelei und das Inhaltsverzeichnis sowie acht Seiten Verlagswerbung. Dem Nachwort ist ein gesondertes maschinenschriftliches Korrekturblatt beigelegt, auf der ersten Seite sowie auf einer der Werbungsseiten sind ausgeschnittene, gedruckte Reihen- bzw. Werbetexte aufgeklebt. Auf dem ersten Blatt notierte eine fremde Hand mit rotem Kugelschreiber eine »Kontrollrevision« in drei Etappen sowie einen Hinweis zum Satzspiegel. Eine Hand lässt sich Verlagsmitarbeiterin Ilse Braatz zuordnen, die den gesamten Umbruch mit blauem Kugelschreiber bearbeitete und dabei offenbar die herstellerische Kontrolldurchsicht übernommen hat. Daneben lassen sich noch zwei weitere fremde Hände nachweisen: Ein Bleistift nahm an wenigen Stellen Kreuz- oder Strichmarkierungen vor, ein Rotstift, der möglicherweise von Guggenheimer geführt wurde, arbeitete ausschließlich im Nachwort. Die wenigen anderen Änderungen gehen auf Johnsons Hand zurück, der in der Vita Korrekturen vornahm und im Text wenige Satzfehler korrigierte, darüber hinaus aber nur noch fünf Änderungen in seinen Erzählungen vornahm. Am 30. Januar 1964 sandte Johnson den durchgesehenen Umbruch an Ilse Braatz zurück und schickte noch am selben Tag eine Änderung in seiner Vita hinterher, die er in der Fahne eingetragen, im Umbruch aber übersehen hatte.

Erstausgabe

Erstausgabe, Suhrkamp Verlag 1964, Seite 29: Textbeginn Eine Reise wegwohin, 1960

Auszug aus Eine Reise wegwohin, 1960

Die Erstausgabe von Karsch, und andere Prosa umfasst 112 Seiten: auf 78 Seiten waren Johnsons Erzählungen abgedruckt, den Rest bildeten die Begleittexte wie Nachwort und bio-bibliografischer Anhang, außerdem acht Seiten mit Verlagswerbung am Ende des Buches, die u.a. eine Übersicht über alle in der edition suhrkamp erschienenen Titel enthielt. Die Erstausgabe erschien im März 1964 in einer Erstauflage von 20.000 Exemplaren und einem Ladenpreis von 3 DM.

Rostocker Ausgabe

Rostocker Ausgabe, Suhrkamp Verlag 2021, Seite 24.

Karsch, und andere Prose RA

Für die Rostocker Ausgabe wurden die fünf Erzählungen als verlässliche Lesetexte kritisch ediert, d.h., sie wurden mit Blick auf den Autorwillen hergestellt und – wo nötig – aus den überlieferten Textstufen rekonstruiert.

Grundlage ist der von Johnson zum Druck freigegebene Text der Erstausgabe, in den nur an wenigen Stellen eingegriffen wurde, um eindeutige Druck- oder Satzfehler zu verbessern, die dem Autorwillen nachweislich nicht entsprechen. Dabei wurde an einer Stelle eine sachliche Information korrigiert, um deren Verbesserung Johnson im Falle einer Neuauflage explizit gebeten hatte. Im Emendationsverzeichnis ist jeder dieser Eingriffe nachgewiesen und dokumentiert.

Typografie und Layout sind im Vergleich zur Erstausgabe modernisiert, die Texte wurden neu gesetzt und umbrochen und verfügen daher über eine neue, andere Seitenzählung. Zudem ist er mit einem Zeilenzähler in Fünferschritten versehen.

Mit dem Band Karsch, und andere Prosa veröffentlichte Uwe Johnson zum ersten Mal Erzählungen. Sie erhellen einen entscheidenden Moment in seiner Entwicklung: Zum einen treten neben die deutlich formorientierten Romane nun episodisch konzentrierte, atmosphärisch dichte Erzählformen. Zum anderen ist jede Erzählung eine Wiederbegegnung: Osterwasser, Beihilfe zum Umzug und Geschenksendung, keine Handelsware spielen in verschiedenen Lebensphasen der aus Mutmassungen über Jakob bekannten Gesine Cresspahl. Der umfangreichste Text, Eine Reise wegwohin, 1960, knüpft an Das dritte Buch über Achim an. Er variiert die Perspektive auf die Reise des Journalisten Karsch in die DDR, von der Johnson dort erzählt, und fügt ihr eine Fortsetzung hinzu. Die früheste Erzählung wiederum, Jonas zum Beispiel, ist ein Schlüsseltext zu Johnsons Umgang mit biblischen Stoffen, der zugleich eine literarische Selbstverständigung des Autors ist. Jeder der Texte des Bandes ist in sich geschlossen, in ihrer Gesamtheit geben sie Einblick in die Werkstatt des Autors.


Das Buch

Karsch RA

Seit Dezember 2021 liegt als vierter Band der Rostocker Ausgabe Johnsons Prosaband Karsch, und andere Prosa im Suhrkamp Verlag vor, der ursprünglich 1964 nach den ersten beiden Romanen Johnsons veröffentlicht worden war.

Die Textstufen

Beispiel für ein erstes Typoskript: ReiseI, Typoskript, 2.10.-30.12.1963, Blatt 1: Anfang der Erzählung Eine Reise wegwohin, 1960, 1 Bl., masch., mit masch. und hs. Änderungen und Korrekturen von Johnson.

Eine Reise wegwohin, 1960 I

Die digitale Ausgabe wird alle Textstufen der insgesamt fünf Prosatexte des Bandes dokumentieren: von den ersten erhaltenen Typoskripten (die im Falle von Jonas zum Beispiel zurückgehen bis ins Jahr 1957, sonst aber überwiegend aus 1963 stammen) bis zur Rostocker Ausgabe des Jahres 2021.

Alle für den Band erhaltenen Textträger inklusive weiterer Drucke vor Erstausgabe sind in einem Stemma in ihrer zeitlichen Folge und textlichen Abhängigkeit vergleichend eingeordnet.

Textstufen-Übersicht

Während sich aus den Typoskripten und eventuellen Erstdrucken für jede Erzählung ein individuelles Bild ergibt, liegen mit Beginn der Herstellungsarbeiten im Verlag Textstufen vor, die allen fünf Texten gemeinsam sind. Der Nutzer der digitalen Ausgabe kann sich sowohl die Erstausgabe von 1964 als auch den Text der Rostocker Ausgabe von 2021 seiten- und zeilengenau anzeigen lassen.

Schutzumschlag EA

Insgesamt lassen sich bei den fünf Texten des Bandes bis zur Erstausgabe typische Textstufen wie frühe (zweispaltig organisierte) und spätere (einspaltige) Typoskripte, Korrekturfahnen und Umbrüche nachweisen, die in der digitalen Ausgabe mit Faksimiles und Transkriptionen vollständig zugänglich gemacht werden. Für jeden einzelnen Text wird dann der Entstehungsprozess bis ins Detail nachvollziehbar.

Osterwasser

OsterwasserI, erstes erhaltenes Manuskript und Typoskript, 13.-21.6.1963, Blatt 35: Anfang der Erzählung, 1 Bl., hs., mit hs. Änderungen und Korrekturen von Johnson.

Osterwasser I

Die erste erhaltene Textstufe von Osterwasser (OsterwasserI) ist als Textträger mit insgesamt sieben unpaginierten und gelochten Blättern erhalten. Das erste Blatt mit dem Anfang der Erzählung ist handschriftlich verfasst, die anderen sechs Blätter maschinenschriftlich; alle sieben Blätter sind zweispaltig organisiert und enthalten in der linken Spalte handschriftliche, im Fall der Typoskriptseiten auch maschinenschriftliche Anmerkungen, Änderungen, Korrekturen; neben Johnsons Hand kommt keine andere Handschrift vor.

Der Orts-/Datumsvermerk auf dem ersten Blatt lautet »13663 dh«, wobei die Ziffernkombination das Datum repräsentiert – gemeint ist der 13. Juni 1963 –, die Buchstabenkombination den Ort Dahmeshöved. Drei weitere entsprechende Vermerke – das vierte Blatt ist auf den 14. Juni datiert, das fünfte auf den 18. und das siebte auf den 21. Juni – zeugen davon, dass die Niederschrift an neun Tagen im Juni 1963 in Dahmeshöved in Ostholstein erfolgte.

Auffällig ist, dass Johnson das Typoskript nicht, wie sonst üblich, als zusammenhängendes Konvolut aufbewahrte, sondern verstreut zwischen Blättern mit anderen Entwürfen und Briefen: OsterwasserI wird in einer Mappe mit insgesamt 50 Blättern aufbewahrt, die vom 28. Juli bis zum 20. Mai 1963 chronologisch rückwärts sortiert sind. Nicht zuletzt diese besondere Form der Ablage verweist auf einen Entstehungskontext, in dem Johnson mehrere Erzählprojekte parallel entwickelte.

Die nächste dokumentierte Textstufe von Osterwasser ist bereits der Erstdruck in der Süddeutschen Zeitung vom 1./2. Februar 1964, der zeitlich parallel zu den letzten Herstellungsarbeiten für den Karsch-Band im Verlag erfolgte und in dem – ebenso wie in der Erstausgabe – die in OsterwasserI vorgenommenen Änderungen realisiert sind. Allerdings weisen Erstdruck und Erstausgabe übereinstimmende Abweichungen von OsterwasserI auf, die sich auf einzelne Wörter ebenso wie auf ganze Wendungen beziehen und die nur auf Veranlassung Johnsons erfolgt sein können. Nicht zuletzt deshalb ist anzunehmen, dass als Satzvorlage (mindestens) eine Reinschrift von OsterwasserI zur Verfügung gestanden hat, die heute als ermittelt, aber nicht erhalten gelten muss und die Johnson vermutlich im Herbst 1963 angefertigt hat.

Beihilfe zum Umzug

BeihilfeI, 24.6.-29.7.1963, erstes erhaltenes Typoskript, Blatt 9: Anfang der Erzählung Beihilfe zum Umzug, 1 Bl., masch., mit hs. Änderungen und Korrekturen von Johnson.

Beihilfe zum Umzug I

Für Beihilfe zum Umzug sind drei Typoskripte von jeweils vier unpaginierten Blättern erhalten, die erkennbar in einer zeitlichen Folge stehen, wobei die ersten beiden eine zweispaltige Blattaufteilung aufweisen, die typisch für Johnsons frühe Typoskripte ist, während das dritte Typoskript die einspaltige Organisation eines späteren Typoskripts hat. Einzig der erste erhaltene Textträger, BeihilfeI, ist maschinenschriftlich datiert, und zwar auf den Zeitraum vom 24. Juni bis zum 29. Juli 1963; die Ortskürzel »dh« und »bfn« zeigen, dass Johnson die Arbeit am Typoskript in Dahmeshöved begonnen und später in Berlin-Friedenau beendet hat. Mit weniger als zwanzig Änderungen hat Johnson schon in diesem ersten Typoskript nur noch vergleichsweise wenig am Text gearbeitet, meistens auf der Wortebene. Am auffälligsten ist, dass das Typoskript keinen maschinenschriftlichen Titel trägt, sondern dass der Titel handschriftlich eingetragen und geändert wurde.

Die beiden anderen Typoskripte sind nicht datiert, es ist aber zu vermuten, dass das einspaltige dritte Typoskript als Satzvorlage für den Verlag im Herbst 1963 entstanden ist; dafür spricht auch, dass hier zusätzlich am linken Rand alle Absätze des Textes mit Strichmarkierungen gekennzeichnet sind. Spuren fremder Hand trägt keines der drei Typoskripte.

Geschenksendung, keine Handelsware

GeschenksendungI, 5.10.1963, erstes erhaltenes Typoskript, Blatt 10: Anfang der Erzählung Geschenksendung, keine Handelsware, 1 Bl., masch., mit masch. und hs. Änderungen und Korrekturen von Johnson.

Geschenksendung, keine Handelsware I

Auch von Geschenksendung, keine Handelsware sind drei Typoskripte erhalten, von denen die ersten beiden jeweils vier Blätter umfassen und zweispaltig organisiert sind, während das dritte Typoskript mit insgesamt fünf Blättern einspaltig getippt ist. Anders als im Fall von Beihilfe sind die drei Typoskripte von Geschenksendung offenbar in enger zeitlicher Folge entstanden: Das erste Typoskript (GeschenksendungI) ist maschinenschriftlich datiert auf den 5. Oktober 1963 in Berlin-Friedenau, das zweite handschriftlich auf den 14. Oktober 1963, ebenfalls in Berlin-Friedenau. Das dritte Typoskript ist undatiert, doch wie schon bei Beihilfe lässt sich vermuten, dass Johnson es im Herbst 1963 als Satzvorlage für den Verlag anfertigte.

Der Titel der Erzählung ist in allen drei Typoskripten von vornherein maschinenschriftlich niedergeschrieben, lediglich die Schreibweise änderte sich noch. Die ersten beiden Typoskripte enthalten wenige maschinenschriftliche, aber für Johnsons frühe Typoskripte vergleichsweise viele handschriftliche Änderungen und Korrekturen, eine andere Handschrift außer Johnsons findet sich nicht. Die Textänderungen betreffen die Wortebene, bei der Umarbeitung ganzer Textpassagen ergeben sich häufig auch inhaltliche Verschiebungen. Strichmarkierungen im dritten Typoskript kennzeichnen wie auch in Beihilfe die Absätze des Textes.

Eine Reise wegwohin, 1960

Für die längste Erzählung des Bandes sind zwei Typoskripte erhalten, wobei das zweite Typoskript (ReiseII) in drei Exemplaren vorliegt.

Das erste Typoskript (ReiseI) zeigt als frühes Typoskript von Johnson Anmerkungen, Änderungen und Korrekturen in der breiten linken Spalte. Es umfasst 34 unpaginierte, maschinenschriftlich beschriebene Blätter, viele davon sind datiert, sodass sich die Entstehungszeit gut rekonstruieren lässt: Wenige Blätter lagen Anfang Oktober 1963 vor, nach mehreren Reisen schrieb Johnson dann ab dem 28. November nahezu täglich an dem Text, um ihn am 30. Dezember 1963 in dieser ersten Fassung fertigzustellen. Das durchgängige Ortskürzel »bfn« zeigt, dass die Niederschrift ausschließlich in Berlin-Friedenau erfolgte.

Die zahlreichen Textänderungen, die von einer intensiven Arbeit am Text zeugen, erfolgten zuweilen maschinenschriftlich, meistens aber handschriftlich. Sie betreffen die Wortebene ebenso wie die Satzebene, häufig auch ganze Textpassagen, wobei Johnson auch neuen Text noch einmal umarbeitete.

Beispiel für ein späteres Typoskript: ReiseII, Typoskript, o.D. [mutmaßlich 1963], Seite 30 von Eine Reise wegwohin, 1960, mit Einfügung auf einem gesonderten Blatt, 1 Bl., masch., mit hs. Änderungen und Korrekturen von Johnson sowie einem aufgeklebten, hs. Blatt.

Eine Reise wegwohin, 1960 II

Das zweite erhaltene Typoskript (ReiseII) ist als späteres Typoskript einspaltig getippt; es umfasst 39 paginierte, maschinenschriftlich beschriebene Blätter und liegt in drei vollständigen Exemplaren vor, die erkennbar als Original mit zwei Durchschlägen angefertigt wurden. Es weist neben maschinenschriftlichen und handschriftlichen Korrekturen von Tipp- und Übertragungsfehlern nur noch punktuell handschriftliche Änderungen auf, von denen nicht alle in allen drei Exemplaren eingetragen sind (wohingegen alle maschinenschriftlichen und auch manche der handschriftlichen Änderungen sowie Korrekturen von Tippfehlern und Strichmarkierungen der Absätze am linken Rand für alle drei Exemplare zugleich vorgenommen wurden).

Nur in einem einzigen Exemplar – einem Durchschlag – sind alle (insgesamt 28) handschriftlichen Änderungen sowie nahezu alle Korrekturen und Anmerkungen von Johnsons Hand zusammengeführt, darunter eine umfangreiche Einfügung, die Johnson auf einem gesonderten Blatt notierte und mit einem Klebestreifen einklebte. Im getippten Original-Exemplar – offenbar dasjenige, mit dem im Verlag gearbeitet wurde – wurde von fremden Händen gearbeitet, dabei wurden einige der Änderungen aus Johnsons Exemplar eingetragen, zudem wurden vermutlich vom Korrektorat und von der Verlagsherstellung Kreuz- und Strichmarkierungen angebracht. Der zweite Durchschlag enthält keinerlei Spuren, die über die durchgeschlagenen oder parallel von Johnson eingepflegten Änderungen hinausgehen.

Jonas zum Beispiel

JonasI, Typoskript, 11.11.1957, Blatt 49: Anfang der Erzählung Jonas zum Beispiel, 1 Bl., masch., mit hs. Annotation von Johnson.

Jonas zum Beispiel I

Für diesen frühen Text sind zwei Typoskripte erhalten.

Das erste Typoskript (JonasI), ein beidseitig beschriebenes Blatt, enthält außer einem handschriftlich eingefügten Komma keinerlei Änderungen oder Korrekturen. Mit seinem breiten linken Rand deutet es bereits die später von Johnson praktizierte Zweispaltigkeit früher Typoskripte an. Der maschinenschriftliche Text trägt keinen Titel. Auf der Vorderseite des Blattes hat Johnson oben rechts handschriftlich Ort und Datum der Niederschrift notiert: »at Jake’s, 11-XI-1957«. Demnach hat er das Typoskript am 11. November 1957 bei seinem Freund Manfred Bierwisch (genannt Jake) in Leipzig geschrieben, bei dem er in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre zeitweise wohnte.

Das zweite erhaltene Typoskript mit dem Titel »Uwe Johnson, Besonders die kleinen Propheten« umfasst zwei einseitig beschriebene Blätter und ist wie ein späteres Typoskript einspaltig organisiert. Abgesehen von zwei korrigierten Tippfehlern enthalten die beiden Blätter keinerlei weitere Änderungen, allerdings ergibt ein Textvergleich mit dem ersten Typoskript, dass drei Formulierungen verändert wurden. Das Typoskript trägt keine Hinweise auf Ort oder Datum seiner Entstehung, es ist zu vermuten, dass es als Satzvorlage für den Erstdruck in der italienischen Zeitschrift Botthege Oscure aus dem Jahr 1960 angefertigt wurde.

Nach diesem Erstdruck folgten im Laufe des Jahres 1962 Abdrucke in der FAZ und im Tagesspiegel sowie in einer Anthologie und in einer Schülerzeitung, außerdem ein Sonderdruck für eine Lesung bei der Gruppe 47 im Herbst 1963. Textänderungen sowie Änderungen des Titels (Jona zum Beispiel statt bisher: Besonders die kleinen Propheten) deuten darauf hin, dass Johnson den Text nach der Publikation in der FAZ noch einmal überarbeitet hat; Satzvorlagen für diese Drucke fehlen ebenso wie eine Satzvorlage für die Erstausgabe, insofern muss von mindestens einer weiteren Textstufe ausgegangen werden, die ermittelt, aber nicht erhalten ist. Kleinere Abweichungen zwischen den verschiedenen Abdrucken vor der Erstausgabe betreffen vor allem Interpunktion und Orthografie und lassen sich vermutlich jeweils auf den Setzer zurückführen.

Korrekturfahnen (KPI)

KPI, Korrekturfahne, o. D. [15.1.1964], Fahne 43: Auszug aus Eine Reise wegwohin, 1960, 1 Bl., gedr., mit hs. Änderungen und Korrekturen von Johnson und fremder Hand.

Auszug aus Eine Reise wegwohin, 1960

Der Textträger, in dem erstmals alle fünf Erzählungen des Bandes in einer Textstufe zusammengeführt sind, ist der Fahnenabzug (KPI), der auf 34 meist langformatigen Blättern (›Fahnen‹) den vom Verlag gesetzten und gedruckten Text enthält. Der auf den Fahnen gedruckte Text entspricht nicht der Abfolge im späteren Buch, sondern vermutlich der Reihenfolge, in der die Texte (und auch die Paratexte) im Verlag eingegangen sind: Von der Titelei sind auf Blatt 1 Impressum, Vita und Ankündigungstext schon enthalten, danach folgen bis Blatt 11 Osterwasser, Beihilfe, Geschenksendung und Jonas zum Beispiel, wobei die Titel der Erzählungen jeweils kursiv gesetzt sind. Im unteren Bereich von Blatt 11 beginnt, auf die gleiche Weise abgesetzt, die Bibliografie, die in der Erstausgabe im Anhang steht. Erst die Blätter 14-34 enthalten die Reise-Erzählung, die als letzter Text im Verlag eingetroffen war, im Buch aber zwischen Geschenksendung und Jonas steht. Am Ende von Blatt 34 steht Johnsons Vita, die im Buch im Anhang vor der Bibliografie platziert ist.

Jede Fahne trägt (mit zwei Ausnahmen) eine gedruckte Kopfzeile mit dem ursprünglich geplanten (Kurz-)Titel »Berliner Stadtbahn«, den Unseld und Johnson erst Anfang Januar 1964 zugunsten des Buchtitels Karsch, und andere Prosa verworfen hatten. Die Kopfzeile enthält außerdem jeweils eine Pagina und ein Kürzel, das vermutlich für den bearbeitenden Setzer steht. Blätter mit fehlenden Seitenzahlen deuten darauf hin, dass die ursprünglich für den Band vorgesehenen und daher bereits gesetzten Texte Berliner Stadtbahn und Boykott der Berliner Stadtbahn entfernt wurden; das würde auch den Beschnitt von insgesamt drei Fahnen erklären, den Johnson offenbar selbst vorgenommen hat.

Johnson griff in diesem Arbeitsstadium in vier seiner Erzählungen kaum noch ein: In Osterwasser änderte er zwei Details, in den anderen drei kurzen Erzählungen jeweils nur eine Stelle. Am meisten änderte er in der längsten (und unter dem größten Zeitdruck entstandenen) Erzählung Eine Reise wegwohin, 1960. Dabei übertrug er diejenigen Änderungen, die er sich vermutlich schon vorher in seinem Exemplar des zweiten Typoskriptes, ReiseII, notiert hatte. Insgesamt änderte Johnson den Text noch an 16 Stellen, meistens auf Wortebene, manchmal stellte er die Syntax um, nur vereinzelt griff er noch in ganze Textpassagen ein. Zudem korrigierte er zahlreiche Satzfehler, darunter den komplett falsch gesetzten Schluss von Geschenksendung, keine Handelsware. Allerdings hat er eine ganze Reihe von Satzfehlern übersehen, die in der Eile der Satzarbeiten in vergleichsweise hoher Zahl in den Text geraten waren und die im Umbruch KPII stillschweigend wieder korrigiert sind – ein klares Indiz dafür, dass die Korrekturfahnen im Verlag noch einem Abgleich mit der Satzvorlageunterzogen wurden, bevor die Arbeiten für den Umbruch KPII begannen. Das entsprechende Korrekturexemplar von KPI muss als ermittelt, aber nicht erhalten gelten. Auch die in KPI bereits enthaltenen Paratexte sah Johnson durch, änderte auf dem ersten Blatt Inhalt und Titel des Bandes gemäß der neuen Konzeption und nahm auch Änderungen in seiner Vita vor. Danach sandte er die Fahnen wieder an den Verlag zurück. Allerdings war er dabei offenkundig zu voreilig gewesen, denn schon zwei Tage später schickte er eine Liste mit insgesamt fünf nachträglichen Änderungen.

Umbruch (KPII und KPIIa)

KPII, Umbruch, 28.1.-31.1.1964, Seite 66 mit einem Auszug aus Eine Reise wegwohin, 1960, 1 Bl., gedr., mit hs. Korrektur von Johnson und hs. Annotationen von fremder Hand.

Auszug aus Eine Reise wegwohin, 1960

Der Umbruch des Textes ist mit einem vollständigen Exemplar von 56 Blättern zzgl. eines Korrekturblattes sowie mit einem Teil-Exemplar von 8 Blättern erhalten, wobei das Teil-Exemplar lediglich den ersten Druckbogen mit den ersten 16 Buchseiten umfasst. Jedes Blatt ist sowohl vorne als auch hinten bedruckt. Zwei Blätter gehören jeweils zu einem Papierbogen vom Aufschlagformat des Buches, die Bögen sind in der Mitte gefalzt und so ineinandergelegt, dass es den später zum Buchblock gebundenen Heftlagen entspricht.

Das Teil-Exemplar enthält lediglich drei Korrekturen von Satzfehlern sowie die Markierung einer Verschmutzung und eine Annotation zu einem eventuell zu tilgenden Komma. Dabei hat neben der Hand mit dem schwarzen Kugelschreiber noch eine andere Hand gearbeitet, die einen Bleistift benutzte. Auf dem Titelblatt haben zwei Hände ihre Arbeit datiert (auf den 28. und 30. Januar 1964), die eine arbeitete mit Bleistift, die andere mit schwarzem Kugelschreiber.

Das vollständige Exemplar KPII enthält alle Seiten des späteren Buches, also den gesamten Text der Erstausgabe inklusive aller Begleittexte (Vita, Bibliografie sowie das Nachwort von Walter Maria Guggenheimer), außerdem die Titelei und das Inhaltsverzeichnis sowie acht Seiten Verlagswerbung. Dem Nachwort ist ein gesondertes maschinenschriftliches Korrekturblatt beigelegt, auf der ersten Seite sowie auf einer der Werbungsseiten sind ausgeschnittene, gedruckte Reihen- bzw. Werbetexte aufgeklebt. Auf dem ersten Blatt notierte eine fremde Hand mit rotem Kugelschreiber eine »Kontrollrevision« in drei Etappen sowie einen Hinweis zum Satzspiegel. Eine Hand lässt sich Verlagsmitarbeiterin Ilse Braatz zuordnen, die den gesamten Umbruch mit blauem Kugelschreiber bearbeitete und dabei offenbar die herstellerische Kontrolldurchsicht übernommen hat. Daneben lassen sich noch zwei weitere fremde Hände nachweisen: Ein Bleistift nahm an wenigen Stellen Kreuz- oder Strichmarkierungen vor, ein Rotstift, der möglicherweise von Guggenheimer geführt wurde, arbeitete ausschließlich im Nachwort. Die wenigen anderen Änderungen gehen auf Johnsons Hand zurück, der in der Vita Korrekturen vornahm und im Text wenige Satzfehler korrigierte, darüber hinaus aber nur noch fünf Änderungen in seinen Erzählungen vornahm. Am 30. Januar 1964 sandte Johnson den durchgesehenen Umbruch an Ilse Braatz zurück und schickte noch am selben Tag eine Änderung in seiner Vita hinterher, die er in der Fahne eingetragen, im Umbruch aber übersehen hatte.

Erstausgabe

Erstausgabe, Suhrkamp Verlag 1964, Seite 29: Textbeginn Eine Reise wegwohin, 1960

Auszug aus Eine Reise wegwohin, 1960

Die Erstausgabe von Karsch, und andere Prosa umfasst 112 Seiten: auf 78 Seiten waren Johnsons Erzählungen abgedruckt, den Rest bildeten die Begleittexte wie Nachwort und bio-bibliografischer Anhang, außerdem acht Seiten mit Verlagswerbung am Ende des Buches, die u.a. eine Übersicht über alle in der edition suhrkamp erschienenen Titel enthielt. Die Erstausgabe erschien im März 1964 in einer Erstauflage von 20.000 Exemplaren und einem Ladenpreis von 3 DM.

Rostocker Ausgabe

Rostocker Ausgabe, Suhrkamp Verlag 2021, Seite 24.

Karsch, und andere Prose RA

Für die Rostocker Ausgabe wurden die fünf Erzählungen als verlässliche Lesetexte kritisch ediert, d.h., sie wurden mit Blick auf den Autorwillen hergestellt und – wo nötig – aus den überlieferten Textstufen rekonstruiert.

Grundlage ist der von Johnson zum Druck freigegebene Text der Erstausgabe, in den nur an wenigen Stellen eingegriffen wurde, um eindeutige Druck- oder Satzfehler zu verbessern, die dem Autorwillen nachweislich nicht entsprechen. Dabei wurde an einer Stelle eine sachliche Information korrigiert, um deren Verbesserung Johnson im Falle einer Neuauflage explizit gebeten hatte. Im Emendationsverzeichnis ist jeder dieser Eingriffe nachgewiesen und dokumentiert.

Typografie und Layout sind im Vergleich zur Erstausgabe modernisiert, die Texte wurden neu gesetzt und umbrochen und verfügen daher über eine neue, andere Seitenzählung. Zudem ist er mit einem Zeilenzähler in Fünferschritten versehen.

Auf den Schreibtisch
XML/TEI
Dieser Text ist bereits als Print erschienen, jedoch noch nicht in digitaler Form verfügbar.

2021
Werke 4


Herausgeber des Printbandes:

Yvonne Dudzik und Christian Riedel unter Mitarbeit von Nina Pilz.

Zwei Ansichten

Auf den Schreibtisch
XML/TEI
Dieser Text ist bereits als Print erschienen, jedoch noch nicht in digitaler Form verfügbar.

2021
Werke 5


Herausgeber des Printbandes:

Yvonne Dudzik, Katja Leuchtenberger und Greg Bond.

Zwei Ansichten spielt im Jahr 1961. Uwe Johnson erzählt von einer Krankenschwester aus Ost-Berlin und einem Fotografen aus Schleswig-Holstein. Sie lernen sich in West-Berlin kennen, die Mauer wird gebaut, sie werden getrennt. Die Geschichte handelt von ihrem Versuch, die Mauer zu überwinden, von den »Städten Berlin«, von der Macht der Medien, vom Alltag im Kalten Krieg. Erzählt wird von privaten Ängsten und politischen Zwängen, von Mut und von Zweifeln, erzählt wird eine Geschichte aus zwei Perspektiven. Es ist eine nüchterne und sprachlich genaue Bestandsaufnahme der geteilten Welt, die Verständnis für das historische Geschehen erzeugt: »Die Maschine tauchte in das naßgraue Wetter über den beiden Berlin, nicht weit von dem einen setzte sie im anderen auf.« – Sechzig Jahre nach seiner Entstehung provoziert der Roman die Frage, ob die deutsche Teilung überwunden ist.


Das Buch

Zwei Ansichten RA

Seit November 2021 liegt als fünfter Band der Rostocker Ausgabe Johnsons erstmals 1965 publiziertes Buch Zwei Ansichten im Suhrkamp Verlag vor.

Die Textstufen

Beispiel: ZAIV, Umbruch, 11.-17.6.1965, Seite 14, 3: Titelblatt, mit hs. Änderungen und Korrekturen von fremder Hand.

Zwei Ansichten IV

Die digitale Ausgabe wird alle vier Textstufen von Zwei Ansichten dokumentieren: vom ersten erhaltenen Typoskript, dessen Niederschrift 1963 begann, über die Erstausgabe von 1965 als fünfte Textstufe bis zur Rostocker Ausgabe aus dem Jahr 2021.

Insgesamt sind vier verschiedene Textstufen des Romans erhalten, die in drei vollständigen und einem unvollständigen Exemplar sowie einem Teil-Exemplar vorliegen. Sie werden in der digitalen Ausgabe mit Faksimiles und Transkriptionen vollständig zugänglich gemacht. Zudem kann sich der Nutzer sowohl die Erstausgabe von 1965 (als fünfte Textstufe) als auch den Text der Rostocker Ausgabe von 2021 (als sechste Textstufe) seiten- und zeilengenau anzeigen lassen.

Erstes erhaltenes Typoskript (ZAI)

ZAI, Erstes erhaltenes Typoskript, 7.8.1963-25.4.1965, Blatt 2: Romananfang, mit masch. und hs. Änderungen und Korrekturen von Johnson.

Zwei Ansichten I

Der erste erhaltene Textträger (ZAI) ist ein Typoskript mit 128 unpaginierten, maschinenschriftlich beschriebenen Blättern inklusive eines handschriftlichen Deckblattes. Jedes Blatt ist vertikal in zwei Spalten geteilt und in einzeiligem Abstand maschinenschriftlich beschrieben. Zu den Änderungen, Korrekturen und Anmerkungen in der linken Spalte gehören u.a. Angaben zu Ort und Zeit der Niederschrift, aus denen sich rekonstruieren lässt, dass Johnson insgesamt knapp 21 Monate an diesem Typoskript gearbeitet hat, nämlich vom 7. August 1963 bis zum 25. April 1965, fast durchgängig in Berlin. Dabei fällt auf, dass insbesondere die ersten beiden Kapitel über einen längeren Zeitraum hinweg entstanden sind und jeweils auf Arbeiten aus dem Sommer 1963 zurückgehen, die im Frühsommer 1964 überarbeitet wurden. Auf dem ersten Blatt von Kapitel 1 steht oben links maschinenschriftlich die Datumsnotation »78’63«, darunter ist handschriftlich notiert »315’64 bfn«, wobei die Ziffernkombinationen das Datum repräsentieren, die Buchstabenkombination den Ort; Johnson hat die Arbeit am Kapitel demnach am 7. August 1963 begonnen und am 31. Mai 1964 in Berlin-Friedenau beendet. Die nachfolgenden Kapitel schrieb er im Wesentlichen zwischen August 1964 und April 1965 in Berlin nieder, griff aber gerade im ersten Drittel der Arbeit auf frühere Arbeitsstadien zurück. Diese früher datierten Typoskriptteile sind sowohl im Schriftbild als auch syntaktisch i.d.R. so nahtlos in das Gesamttyposkript integriert, dass sich nicht mit Sicherheit sagen lässt, ob es sich tatsächlich um früher getippte Blätter oder aber um Abschriften von früher formuliertem Text handelt.

Die Textänderungen im ersten Typoskript erfolgten entweder maschinenschriftlich oder handschriftlich, wobei sich drei verschiedene Stifte nachweisen lassen, die alle auf Johnsons Hand zurückgehen. Dabei verwendete er die gängigen Korrekturzeichen und arbeitete nach den üblichen Regeln der Textkorrektur, um Tippfehler, Wortabstände, Änderungen der Wortstellung, Interpunktions- und Orthografieänderungen zu markieren. Streichungen von einzelnen Wörtern, Wortgruppen oder auch ganzen Sätzen und Absätzen sind durch Striche markiert, neuer Text steht entweder maschinenschriftlich oder handschriftlich in der linken Spalte, seltener handschriftlich direkt in der Zeile. Umfangreichere Textänderungen erfolgten überwiegend handschriftlich, nur an wenigen Stellen wurde auch neuer Text noch einmal umgearbeitet, noch seltener wurden solche Umarbeitungen komplett wieder gestrichen.

Eindeutig ist, dass im ersten Typoskript der maschinenschriftliche und der handschriftliche Arbeitsprozess zumindest teilweise parallel erfolgten. Das zeigen z.B. Stellen, an denen während des Schreibens mit der Maschine Formulierungen oder einzelne Ausdrücke verworfen sind und neu ansetzen, wobei die verworfenen Teile handschriftlich gestrichen sind. Auch Stellen, an denen handschriftliche Änderungen der Randspalte unmittelbar in den maschinenschriftlichen Text integriert sind, deuten auf eine Gleichzeitigkeit beider Arbeitsphasen hin.

Zweites erhaltenes Typoskript (ZAII)

ZAII, Zweites erhaltenes Typoskript o. D. [mutmaßlich 1965], Seite 22: Anfang von Kapitel 4, mit hs. Korrektur von Johnson sowie mit hs. Annotationen von Johnson und fremder Hand (mutmaßlich Siegfried Unseld).

Zwei Ansichten II

Der zweite erhaltene Textträger (ZAII) ist ein Typoskript mit 162 fortlaufend paginierten Blättern zzgl. eines unpaginierten Deckblattes. Es enthält den vollständigen maschinengeschriebenen Text. und ist anders als das erste Typoskript nicht zweispaltig, sondern einspaltig organisiert. Die Paginierung weist darauf hin, dass die Seiten 119 bis 135a, die den Anfang von Kapitel 8 enthalten, nachträglich einsortiert wurden. Im Gegensatz zum ersten ist dieses zweite Typoskript nicht datiert, aus Johnsons Briefwechsel mit dem Verlag lässt sich jedoch rekonstruieren, dass diese Abschrift, die als Reinschrift für den Verlag angefertigt wurde, teilweise bereits erfolgte, während er die letzten Kapitel des Textes im ersten Typoskript noch formulierte. Bereits am 25. März 1965 – einen ganzen Monat vor Fertigstellung des ersten Typoskriptes – sandte Johnson eine Abschrift der ersten sechs Kapitel an den Verlagslektor Walter Boehlich, am 3. April schickte er Kapitel 7, am 29. April – vier Tage nach Fertigstellung des ersten Typoskriptes – gab er die Abschrift der letzten drei Kapitel auf die Post.

Die meisten Änderungen aus dem ersten Typoskript sind im maschinenschriftlichen Text dieses zweiten Typoskriptes umgesetzt. Weitere Änderungen hat Johnson sowohl maschinenschriftlich als auch handschriftlich vorgenommen, wobei er mit schwarzer Tinte in zwei verschiedenen Strichstärken arbeitete – vermutlich also in (mindestens) zwei Durchgängen. Der weit überwiegende Teil der insgesamt unter 100 von Johnson vorgenommenen Änderungen bezieht sich auf die Korrektur von Tippfehlern, Buchstabendrehern oder falscher Wortstellungen sowie fehlender Satzzeichen. An einigen Stellen hat er auch Fehler im Schriftbild wie fehlende oder überflüssige Abstände zwischen Wörtern korrigiert, zudem sind die Kapitelwechsel i.d.R. mit einem dicken schwarzen Strich zusätzlich markiert. Rund 40 Änderungen zielen auf Wiederherstellung des im ersten Typoskript bereits formulierten Textes, also auf die Korrektur von Übertragungsfehlern.

Im erhaltenen Exemplar finden sich neben Johnsons Hand fünf weitere Stifte von mindestens drei verschiedenen Händen. Mutmaßlich Siegfried Unseld zeichnete (wie schon in Mutmassungen über Jakob) den Text mit kräftigem Blaustift für den Satz aus. Er tilgte u.a. sämtliche Leerzeilen, die Johnson zur Absatzmarkierung eingesetzt hatte, um zu verdeutlichen, dass zwar die Absätze, nicht aber die Leerzeilen im Satz berücksichtigt werden sollten. Zudem weist das Typoskript in unregelmäßigen Abständen Strichmarken in der Zeile auf. Mit rotem Kugelschreiber ist schließlich markiert, an welchen Stellen in den späteren Korrekturfahnen der Spaltenwechsel erfolgt. Vermutlich ist dieser Stift auf das Korrektorat zurückzuführen, das für den Abgleich der Korrekturfahne mit dem zweiten Typoskript verantwortlich war, und das als Satzvorlage diente.

Korrekturfahne (ZAIII)

ZAIII, Korrekturfahne, 26.-31.5.1965, Fahne 15: Anfang von Kapitel 4, mit hs. Änderungen von Johnson.

Zwei Ansichten III

Der dritte erhaltene Textträger ist ein nicht ganz vollständiges Exemplar des Fahnenabzugs, das auf 108 paginierten, langformatigen Blättern (›Fahnen‹) den vom Verlag gesetzten Text unter Berücksichtigung der wenigen im zweiten Typoskript noch eingetragenen Änderungen enthält. Die ersten fünf Fahnen sind nicht erhalten, das Exemplar beginnt mit Fahne 6, also mitten in Kapitel 3, ist ab dann aber durchlaufend gesetzt. In der Kopfzeile zeugen insgesamt drei Bearbeiterkürzel davon, dass sich mehrere Setzer mit den Satzarbeiten abwechselten. Dies weist ebenso wie die von fremder Hand mit Kugelschreiber datierten Druckereistempel auf eine Parallelität der Arbeitsschritte hin, die Stempel kennzeichnen überdies, dass die Korrekturfahnen binnen einer Woche in mindestens drei aufeinanderfolgenden Einzellieferungen ab Druckerei verschickt wurden.

Johnson wurden seine Korrekturfahnen am 2. Juni 1965 mit der Post nach Berlin geschickt, er nahm sie mit nach Dahmeshöved und las sie während eines Familienurlaubs. Neben den beiden fremden Händen, die die Druckereistempel datierten, findet sich in der erhaltenen Korrekturfahne ausschließlich Johnsons Handschrift. Dabei musste er lediglich 17 Fehler korrigieren, die den Setzern beim Absetzen des Textes unterlaufen waren. Zusätzlich machte er an vier Stellen eine fehlerhafte »s«-Schreibweise rückgängig, an wenigen Stellen verbesserte Johnson Grammatik- oder Rechtschreibfehler, die noch auf sein zweites Typoskript zurückgehen, passte die Interpunktion vereinzelt an und nahm an zwei Stellen kleinere Streichungen zurück, die er im Typoskript zunächst erwogen hatte. 129 der insgesamt 167 geänderten Stellen zielen jedoch nicht auf Fehlerkorrektur, sondern auf sprachliche oder inhaltliche Änderungen des Textes. Dabei ersetzte Johnson meistens einzelne Wörter oder variierte einzelne Ausdrücke, nur knapp ein Fünftel der Stellen betrifft ganze Sätze, die er umformulierte, ersetzte oder neu einfügte, auch den allerletzten Satz änderte er noch. Auffällig ist, dass er besonders an medizinischen Details sowie an der Hierarchie unter den Krankenschwestern noch feilte.

Da die erhaltenen Korrekturfahnen keinerlei Spuren von Verlagsarbeit tragen, muss das Exemplar, das Johnson wieder an den Verlag schickte, als ermittelt, aber nicht erhalten gelten, ebenso wie ein Exemplar, das Johnson an Helen Wolffs Adresse nach New York nachgeschickt worden war, dort aber erst eintraf, als er schon wieder abgereist war.

Umbruch (ZAIV und ZAIVa)

ZAIV, Umbruch, 11.-17.6.1965, Seite 38, 43: Anfang von Kapitel 4, mit hs. Änderungen und Korrekturen von fremder Hand.

Zwei Ansichten IV

Der vierte erhaltene Textträger ist ein Umbruch des Textes, der in einem vollständigen Exemplar sowie in einem Teil-Exemplar vorliegt. Während von den Korrekturfahnen nur Johnsons Exemplar erhalten ist, das Verlagsexemplar aber fehlt, verhält es sich beim Umbruch genau umgekehrt: Hier ist ein Verlagsexemplar vollständig erhalten, das den gesamten Text auf insgesamt 61 Blättern enthält, wohingegen Johnsons Teil-Exemplar nur die ersten vier Blätter umfasst (auf denen er drei Satzfehler und neun Änderungen auf Wort- oder Satzebene eingetragen hat). Jedes Blatt ist mit je vier Buchseiten bedruckt (je zwei vorne und hinten), die Blätter sind in der Mitte gefalzt und mit offener Falz bogenweise in Viererlagen abgelegt. Das Teil-Exemplar zeigt ein anderes, früheres Stadium im Korrekturprozess als das vollständige Verlagsexemplar, in dem der gedruckte Text wie in der Erstausgabe auf Seite 243 endet und das auch Titelei und Impressum bereits vollständig enthält.

Das vollständige Umbruch-Exemplar trägt an keiner Stelle Johnsons Handschrift, sondern ist als Arbeitsexemplar des Verlags erkennbar, das auf den 11. Juni 1965 datiert ist – es lag also bereits elf Tage nach dem Druck der letzten Korrekturfahnen vor. Auf Seite 1 ist es an »Frau Sanssen« adressiert, offenbar eine Mitarbeiterin aus dem Korrektorat. Auch Unselds Hand lässt sich an einer Stelle nachweisen, die übrigen handschriftlichen Spuren lassen sich heute nicht mehr auf einzelne Personen zurückführen. Strichführung und Art der Korrekturen legen die Vermutung nahe, dass neben Frau Sanssen auch eine Person aus der Herstellung mitarbeitete. So gibt es u.a. Satzanweisungen für das Titelblatt, auf dem die Gattungsbezeichnung »Erzählung« getilgt wurde – eine Änderung, die nicht ohne Abstimmung mit Johnson und Unseld erfolgt sein kann. Erkennbar erfolgte noch ein weiterer systematischer Kontrollgang, bei dem sich zwei verschiedene Personen ablösten.

Das Auffälligste am Umbruch ist, dass im gedruckten Text zwar Satzfehler aus den Korrekturfahnen und Abweichungen vom zweiten Typoskript geändert sind, aber keine der Änderungen umgesetzt ist, die Johnson in den Korrekturfahnen handschriftlich angebracht hatte. Stattdessen wurden diese Änderungen im Umbruch von fremder Hand mit einem blauen Kugelschreiber erneut vorgenommen. Es lässt sich rekonstruieren, dass dieser doppelte Arbeitsschritt verlagsseitig von vornherein einkalkuliert war und dem Termindruck geschuldet ist, unter dem Zwei Ansichten hergestellt wurde: Das Umbruch-Korrektorat von Frau Sanssen war offenbar schon fertig, bevor Johnson seine Fahnenkorrekturen wieder an den Verlag schickte. In der Erstausgabe sind diese Änderungen sämtlich realisiert.

Erstausgabe

Erstausgabe, Suhrkamp Verlag 1965, Seite 38: Anfang des vierten Kapitels.

Zwei Ansichten EA

Die Erstausgabe von Zwei Ansichten umfasst 243 Seiten, sie erschien im September 1965 gleich in zwei Auflagen (die 1. Auflage in Höhe von 10.000 Exemplaren war mit über 9.000 Vorbestellungen schon vor Erscheinen nahezu vergriffen, daher wurde zeitgleich die 2. Auflage mit dem 11. bis 20.Tausend gedruckt). Das Buch wurde zu einem Ladenpreis von 16 DM verkauft.

Rostocker Ausgabe

Rostocker Ausgabe, Suhrkamp Verlag 2021, Seite 29.

Zwei Ansichten RA

Für die Rostocker Ausgabe wurde der Roman als verlässlicher Lesetext kritisch ediert, d.h., der Text wurde mit Blick auf den Autorwillen hergestellt und – wo nötig – aus den überlieferten Textstufen rekonstruiert.

Grundlage ist der von Johnson zum Druck freigegebene Text der Erstausgabe, in den nur an wenigen Stellen eingegriffen wurde, um eindeutige Druck- oder Satzfehler zu verbessern, die dem Autorwillen nachweislich nicht entsprechen. Im Emendationsverzeichnis ist jeder dieser Eingriffe nachgewiesen und dokumentiert.

Typografie und Layout sind im Vergleich zur Erstausgabe modernisiert, der Romantext wurde neu gesetzt und umbrochen und verfügt daher über eine neue, andere Seitenzählung. Zudem ist er mit einem Zeilenzähler in Fünferschritten versehen.

Zwei Ansichten spielt im Jahr 1961. Uwe Johnson erzählt von einer Krankenschwester aus Ost-Berlin und einem Fotografen aus Schleswig-Holstein. Sie lernen sich in West-Berlin kennen, die Mauer wird gebaut, sie werden getrennt. Die Geschichte handelt von ihrem Versuch, die Mauer zu überwinden, von den »Städten Berlin«, von der Macht der Medien, vom Alltag im Kalten Krieg. Erzählt wird von privaten Ängsten und politischen Zwängen, von Mut und von Zweifeln, erzählt wird eine Geschichte aus zwei Perspektiven. Es ist eine nüchterne und sprachlich genaue Bestandsaufnahme der geteilten Welt, die Verständnis für das historische Geschehen erzeugt: »Die Maschine tauchte in das naßgraue Wetter über den beiden Berlin, nicht weit von dem einen setzte sie im anderen auf.« – Sechzig Jahre nach seiner Entstehung provoziert der Roman die Frage, ob die deutsche Teilung überwunden ist.


Das Buch

Zwei Ansichten RA

Seit November 2021 liegt als fünfter Band der Rostocker Ausgabe Johnsons erstmals 1965 publiziertes Buch Zwei Ansichten im Suhrkamp Verlag vor.

Die Textstufen

Beispiel: ZAIV, Umbruch, 11.-17.6.1965, Seite 14, 3: Titelblatt, mit hs. Änderungen und Korrekturen von fremder Hand.

Zwei Ansichten IV

Die digitale Ausgabe wird alle vier Textstufen von Zwei Ansichten dokumentieren: vom ersten erhaltenen Typoskript, dessen Niederschrift 1963 begann, über die Erstausgabe von 1965 als fünfte Textstufe bis zur Rostocker Ausgabe aus dem Jahr 2021.

Insgesamt sind vier verschiedene Textstufen des Romans erhalten, die in drei vollständigen und einem unvollständigen Exemplar sowie einem Teil-Exemplar vorliegen. Sie werden in der digitalen Ausgabe mit Faksimiles und Transkriptionen vollständig zugänglich gemacht. Zudem kann sich der Nutzer sowohl die Erstausgabe von 1965 (als fünfte Textstufe) als auch den Text der Rostocker Ausgabe von 2021 (als sechste Textstufe) seiten- und zeilengenau anzeigen lassen.

Erstes erhaltenes Typoskript (ZAI)

ZAI, Erstes erhaltenes Typoskript, 7.8.1963-25.4.1965, Blatt 2: Romananfang, mit masch. und hs. Änderungen und Korrekturen von Johnson.

Zwei Ansichten I

Der erste erhaltene Textträger (ZAI) ist ein Typoskript mit 128 unpaginierten, maschinenschriftlich beschriebenen Blättern inklusive eines handschriftlichen Deckblattes. Jedes Blatt ist vertikal in zwei Spalten geteilt und in einzeiligem Abstand maschinenschriftlich beschrieben. Zu den Änderungen, Korrekturen und Anmerkungen in der linken Spalte gehören u.a. Angaben zu Ort und Zeit der Niederschrift, aus denen sich rekonstruieren lässt, dass Johnson insgesamt knapp 21 Monate an diesem Typoskript gearbeitet hat, nämlich vom 7. August 1963 bis zum 25. April 1965, fast durchgängig in Berlin. Dabei fällt auf, dass insbesondere die ersten beiden Kapitel über einen längeren Zeitraum hinweg entstanden sind und jeweils auf Arbeiten aus dem Sommer 1963 zurückgehen, die im Frühsommer 1964 überarbeitet wurden. Auf dem ersten Blatt von Kapitel 1 steht oben links maschinenschriftlich die Datumsnotation »78’63«, darunter ist handschriftlich notiert »315’64 bfn«, wobei die Ziffernkombinationen das Datum repräsentieren, die Buchstabenkombination den Ort; Johnson hat die Arbeit am Kapitel demnach am 7. August 1963 begonnen und am 31. Mai 1964 in Berlin-Friedenau beendet. Die nachfolgenden Kapitel schrieb er im Wesentlichen zwischen August 1964 und April 1965 in Berlin nieder, griff aber gerade im ersten Drittel der Arbeit auf frühere Arbeitsstadien zurück. Diese früher datierten Typoskriptteile sind sowohl im Schriftbild als auch syntaktisch i.d.R. so nahtlos in das Gesamttyposkript integriert, dass sich nicht mit Sicherheit sagen lässt, ob es sich tatsächlich um früher getippte Blätter oder aber um Abschriften von früher formuliertem Text handelt.

Die Textänderungen im ersten Typoskript erfolgten entweder maschinenschriftlich oder handschriftlich, wobei sich drei verschiedene Stifte nachweisen lassen, die alle auf Johnsons Hand zurückgehen. Dabei verwendete er die gängigen Korrekturzeichen und arbeitete nach den üblichen Regeln der Textkorrektur, um Tippfehler, Wortabstände, Änderungen der Wortstellung, Interpunktions- und Orthografieänderungen zu markieren. Streichungen von einzelnen Wörtern, Wortgruppen oder auch ganzen Sätzen und Absätzen sind durch Striche markiert, neuer Text steht entweder maschinenschriftlich oder handschriftlich in der linken Spalte, seltener handschriftlich direkt in der Zeile. Umfangreichere Textänderungen erfolgten überwiegend handschriftlich, nur an wenigen Stellen wurde auch neuer Text noch einmal umgearbeitet, noch seltener wurden solche Umarbeitungen komplett wieder gestrichen.

Eindeutig ist, dass im ersten Typoskript der maschinenschriftliche und der handschriftliche Arbeitsprozess zumindest teilweise parallel erfolgten. Das zeigen z.B. Stellen, an denen während des Schreibens mit der Maschine Formulierungen oder einzelne Ausdrücke verworfen sind und neu ansetzen, wobei die verworfenen Teile handschriftlich gestrichen sind. Auch Stellen, an denen handschriftliche Änderungen der Randspalte unmittelbar in den maschinenschriftlichen Text integriert sind, deuten auf eine Gleichzeitigkeit beider Arbeitsphasen hin.

Zweites erhaltenes Typoskript (ZAII)

ZAII, Zweites erhaltenes Typoskript o. D. [mutmaßlich 1965], Seite 22: Anfang von Kapitel 4, mit hs. Korrektur von Johnson sowie mit hs. Annotationen von Johnson und fremder Hand (mutmaßlich Siegfried Unseld).

Zwei Ansichten II

Der zweite erhaltene Textträger (ZAII) ist ein Typoskript mit 162 fortlaufend paginierten Blättern zzgl. eines unpaginierten Deckblattes. Es enthält den vollständigen maschinengeschriebenen Text. und ist anders als das erste Typoskript nicht zweispaltig, sondern einspaltig organisiert. Die Paginierung weist darauf hin, dass die Seiten 119 bis 135a, die den Anfang von Kapitel 8 enthalten, nachträglich einsortiert wurden. Im Gegensatz zum ersten ist dieses zweite Typoskript nicht datiert, aus Johnsons Briefwechsel mit dem Verlag lässt sich jedoch rekonstruieren, dass diese Abschrift, die als Reinschrift für den Verlag angefertigt wurde, teilweise bereits erfolgte, während er die letzten Kapitel des Textes im ersten Typoskript noch formulierte. Bereits am 25. März 1965 – einen ganzen Monat vor Fertigstellung des ersten Typoskriptes – sandte Johnson eine Abschrift der ersten sechs Kapitel an den Verlagslektor Walter Boehlich, am 3. April schickte er Kapitel 7, am 29. April – vier Tage nach Fertigstellung des ersten Typoskriptes – gab er die Abschrift der letzten drei Kapitel auf die Post.

Die meisten Änderungen aus dem ersten Typoskript sind im maschinenschriftlichen Text dieses zweiten Typoskriptes umgesetzt. Weitere Änderungen hat Johnson sowohl maschinenschriftlich als auch handschriftlich vorgenommen, wobei er mit schwarzer Tinte in zwei verschiedenen Strichstärken arbeitete – vermutlich also in (mindestens) zwei Durchgängen. Der weit überwiegende Teil der insgesamt unter 100 von Johnson vorgenommenen Änderungen bezieht sich auf die Korrektur von Tippfehlern, Buchstabendrehern oder falscher Wortstellungen sowie fehlender Satzzeichen. An einigen Stellen hat er auch Fehler im Schriftbild wie fehlende oder überflüssige Abstände zwischen Wörtern korrigiert, zudem sind die Kapitelwechsel i.d.R. mit einem dicken schwarzen Strich zusätzlich markiert. Rund 40 Änderungen zielen auf Wiederherstellung des im ersten Typoskript bereits formulierten Textes, also auf die Korrektur von Übertragungsfehlern.

Im erhaltenen Exemplar finden sich neben Johnsons Hand fünf weitere Stifte von mindestens drei verschiedenen Händen. Mutmaßlich Siegfried Unseld zeichnete (wie schon in Mutmassungen über Jakob) den Text mit kräftigem Blaustift für den Satz aus. Er tilgte u.a. sämtliche Leerzeilen, die Johnson zur Absatzmarkierung eingesetzt hatte, um zu verdeutlichen, dass zwar die Absätze, nicht aber die Leerzeilen im Satz berücksichtigt werden sollten. Zudem weist das Typoskript in unregelmäßigen Abständen Strichmarken in der Zeile auf. Mit rotem Kugelschreiber ist schließlich markiert, an welchen Stellen in den späteren Korrekturfahnen der Spaltenwechsel erfolgt. Vermutlich ist dieser Stift auf das Korrektorat zurückzuführen, das für den Abgleich der Korrekturfahne mit dem zweiten Typoskript verantwortlich war, und das als Satzvorlage diente.

Korrekturfahne (ZAIII)

ZAIII, Korrekturfahne, 26.-31.5.1965, Fahne 15: Anfang von Kapitel 4, mit hs. Änderungen von Johnson.

Zwei Ansichten III

Der dritte erhaltene Textträger ist ein nicht ganz vollständiges Exemplar des Fahnenabzugs, das auf 108 paginierten, langformatigen Blättern (›Fahnen‹) den vom Verlag gesetzten Text unter Berücksichtigung der wenigen im zweiten Typoskript noch eingetragenen Änderungen enthält. Die ersten fünf Fahnen sind nicht erhalten, das Exemplar beginnt mit Fahne 6, also mitten in Kapitel 3, ist ab dann aber durchlaufend gesetzt. In der Kopfzeile zeugen insgesamt drei Bearbeiterkürzel davon, dass sich mehrere Setzer mit den Satzarbeiten abwechselten. Dies weist ebenso wie die von fremder Hand mit Kugelschreiber datierten Druckereistempel auf eine Parallelität der Arbeitsschritte hin, die Stempel kennzeichnen überdies, dass die Korrekturfahnen binnen einer Woche in mindestens drei aufeinanderfolgenden Einzellieferungen ab Druckerei verschickt wurden.

Johnson wurden seine Korrekturfahnen am 2. Juni 1965 mit der Post nach Berlin geschickt, er nahm sie mit nach Dahmeshöved und las sie während eines Familienurlaubs. Neben den beiden fremden Händen, die die Druckereistempel datierten, findet sich in der erhaltenen Korrekturfahne ausschließlich Johnsons Handschrift. Dabei musste er lediglich 17 Fehler korrigieren, die den Setzern beim Absetzen des Textes unterlaufen waren. Zusätzlich machte er an vier Stellen eine fehlerhafte »s«-Schreibweise rückgängig, an wenigen Stellen verbesserte Johnson Grammatik- oder Rechtschreibfehler, die noch auf sein zweites Typoskript zurückgehen, passte die Interpunktion vereinzelt an und nahm an zwei Stellen kleinere Streichungen zurück, die er im Typoskript zunächst erwogen hatte. 129 der insgesamt 167 geänderten Stellen zielen jedoch nicht auf Fehlerkorrektur, sondern auf sprachliche oder inhaltliche Änderungen des Textes. Dabei ersetzte Johnson meistens einzelne Wörter oder variierte einzelne Ausdrücke, nur knapp ein Fünftel der Stellen betrifft ganze Sätze, die er umformulierte, ersetzte oder neu einfügte, auch den allerletzten Satz änderte er noch. Auffällig ist, dass er besonders an medizinischen Details sowie an der Hierarchie unter den Krankenschwestern noch feilte.

Da die erhaltenen Korrekturfahnen keinerlei Spuren von Verlagsarbeit tragen, muss das Exemplar, das Johnson wieder an den Verlag schickte, als ermittelt, aber nicht erhalten gelten, ebenso wie ein Exemplar, das Johnson an Helen Wolffs Adresse nach New York nachgeschickt worden war, dort aber erst eintraf, als er schon wieder abgereist war.

Umbruch (ZAIV und ZAIVa)

ZAIV, Umbruch, 11.-17.6.1965, Seite 38, 43: Anfang von Kapitel 4, mit hs. Änderungen und Korrekturen von fremder Hand.

Zwei Ansichten IV

Der vierte erhaltene Textträger ist ein Umbruch des Textes, der in einem vollständigen Exemplar sowie in einem Teil-Exemplar vorliegt. Während von den Korrekturfahnen nur Johnsons Exemplar erhalten ist, das Verlagsexemplar aber fehlt, verhält es sich beim Umbruch genau umgekehrt: Hier ist ein Verlagsexemplar vollständig erhalten, das den gesamten Text auf insgesamt 61 Blättern enthält, wohingegen Johnsons Teil-Exemplar nur die ersten vier Blätter umfasst (auf denen er drei Satzfehler und neun Änderungen auf Wort- oder Satzebene eingetragen hat). Jedes Blatt ist mit je vier Buchseiten bedruckt (je zwei vorne und hinten), die Blätter sind in der Mitte gefalzt und mit offener Falz bogenweise in Viererlagen abgelegt. Das Teil-Exemplar zeigt ein anderes, früheres Stadium im Korrekturprozess als das vollständige Verlagsexemplar, in dem der gedruckte Text wie in der Erstausgabe auf Seite 243 endet und das auch Titelei und Impressum bereits vollständig enthält.

Das vollständige Umbruch-Exemplar trägt an keiner Stelle Johnsons Handschrift, sondern ist als Arbeitsexemplar des Verlags erkennbar, das auf den 11. Juni 1965 datiert ist – es lag also bereits elf Tage nach dem Druck der letzten Korrekturfahnen vor. Auf Seite 1 ist es an »Frau Sanssen« adressiert, offenbar eine Mitarbeiterin aus dem Korrektorat. Auch Unselds Hand lässt sich an einer Stelle nachweisen, die übrigen handschriftlichen Spuren lassen sich heute nicht mehr auf einzelne Personen zurückführen. Strichführung und Art der Korrekturen legen die Vermutung nahe, dass neben Frau Sanssen auch eine Person aus der Herstellung mitarbeitete. So gibt es u.a. Satzanweisungen für das Titelblatt, auf dem die Gattungsbezeichnung »Erzählung« getilgt wurde – eine Änderung, die nicht ohne Abstimmung mit Johnson und Unseld erfolgt sein kann. Erkennbar erfolgte noch ein weiterer systematischer Kontrollgang, bei dem sich zwei verschiedene Personen ablösten.

Das Auffälligste am Umbruch ist, dass im gedruckten Text zwar Satzfehler aus den Korrekturfahnen und Abweichungen vom zweiten Typoskript geändert sind, aber keine der Änderungen umgesetzt ist, die Johnson in den Korrekturfahnen handschriftlich angebracht hatte. Stattdessen wurden diese Änderungen im Umbruch von fremder Hand mit einem blauen Kugelschreiber erneut vorgenommen. Es lässt sich rekonstruieren, dass dieser doppelte Arbeitsschritt verlagsseitig von vornherein einkalkuliert war und dem Termindruck geschuldet ist, unter dem Zwei Ansichten hergestellt wurde: Das Umbruch-Korrektorat von Frau Sanssen war offenbar schon fertig, bevor Johnson seine Fahnenkorrekturen wieder an den Verlag schickte. In der Erstausgabe sind diese Änderungen sämtlich realisiert.

Erstausgabe

Erstausgabe, Suhrkamp Verlag 1965, Seite 38: Anfang des vierten Kapitels.

Zwei Ansichten EA

Die Erstausgabe von Zwei Ansichten umfasst 243 Seiten, sie erschien im September 1965 gleich in zwei Auflagen (die 1. Auflage in Höhe von 10.000 Exemplaren war mit über 9.000 Vorbestellungen schon vor Erscheinen nahezu vergriffen, daher wurde zeitgleich die 2. Auflage mit dem 11. bis 20.Tausend gedruckt). Das Buch wurde zu einem Ladenpreis von 16 DM verkauft.

Rostocker Ausgabe

Rostocker Ausgabe, Suhrkamp Verlag 2021, Seite 29.

Zwei Ansichten RA

Für die Rostocker Ausgabe wurde der Roman als verlässlicher Lesetext kritisch ediert, d.h., der Text wurde mit Blick auf den Autorwillen hergestellt und – wo nötig – aus den überlieferten Textstufen rekonstruiert.

Grundlage ist der von Johnson zum Druck freigegebene Text der Erstausgabe, in den nur an wenigen Stellen eingegriffen wurde, um eindeutige Druck- oder Satzfehler zu verbessern, die dem Autorwillen nachweislich nicht entsprechen. Im Emendationsverzeichnis ist jeder dieser Eingriffe nachgewiesen und dokumentiert.

Typografie und Layout sind im Vergleich zur Erstausgabe modernisiert, der Romantext wurde neu gesetzt und umbrochen und verfügt daher über eine neue, andere Seitenzählung. Zudem ist er mit einem Zeilenzähler in Fünferschritten versehen.

Auf den Schreibtisch
XML/TEI
Dieser Text ist bereits als Print erschienen, jedoch noch nicht in digitaler Form verfügbar.

2021
Werke 5


Herausgeber des Printbandes:

Yvonne Dudzik, Katja Leuchtenberger und Greg Bond.

×

Schriften

In Bearbeitung

Berliner Sachen

Schriften 1

Briefe

In Bearbeitung

Briefwechsel mit den Leipziger Freunden

Briefe 1.1 - Briefe 1.4

Wie kann ich ... ?
Textstufen anschauen
Textstufen vergleichen
Lesezeichen verwenden
Zitierweisen definieren
den Schreibtisch speichern/laden

Der digitale Schreibtisch der Uwe Johnson Werkausgabe ist eine Web-Oberfläche für die Arbeit mit den Texten Uwe Johnsons. Hier können die Werke, Schriften und Briefe der Rostocker Ausgabe, die sukzessive auf dieser Webseite freigeschaltet werden, gelesen, in ihrer Genese nachvollzogen, mit eigenen Anmerkungen versehen und diese mit anderen geteilt werden.

Die HTML-Darstellungen der einzelnen Textstufen eröffnen einen intuitiven Zugang zu den im Vergleich komplexeren, dem HTML zugrundeliegenden Transkriptionen in TEI-konformem XML, die ihrerseits von den Faksimiles der Textstufen erarbeitet worden sind.

Im HTML zu sehen ist eine zeichengenaue, abstrahierte Form der Texte, die im Original durch zahlreiche Arten von Texteingriffen gekennzeichnet sind. Im Wesentlichen wurden folgende Visualisierungen ausgewählt, um diese Texteingriffe auf dem Schreibtisch sichtbar zu machen:

  • Überschreibung (anklickbar): »vVon der Strasws
  • Hinzufügung in der Zeile: Sie horchten
  • Hinzufügung unter der Zeile: gegenüberwies uns gegenüber an und
  • Hinzufügung über der Zeile: hat Cresspahl aberkeinen Ton
  • Löschung durch Streichung: Plötzlich
  • Löschung ohne Streichung (anklickbar): (wie [∅]so weit geöffneten) Saaltüre
  • Umstellung: ob einer jetzt im November nochjetzt noch im November Ausreiseerlaubnis
  • Handschriften: Zeile 6: Ja??

Jegliche Randnotizen, unabhängig ihrer Position im Faksimile, werden auf der linken Seite dargestellt: Hier sind einerseits Hinzufügungen zum Haupttext notiert (in schwarzer Farbe) als auch Kommentare und Anmerkungen (in grauer Farbe).

In Textstufen, zu denen Kommentare verfügbar sind, wird mittels Unterstreichung zwischen textkritischen und Sachkommentaren unterschieden.

*

Bei einem Endgerät ab einer Bildschirmbreite von 1365 Pixeln stehen zwei Schreibtischbereiche zur Verfügung. Jede Textstufe lässt sich wahlweise auf die linke oder rechte Schreibtischhälfte laden. Dies erleichtert den Vergleich verschiedener Textstufen.

Der Schreibtisch bietet weiterhin folgende Funktionen:

Leseansicht: Für die Rostocker Ausgaben eines Textes steht jeweils eine Leseansicht zur Verfügung, die insbesondere für mobile Endgeräte mit geringen Bildschirmbreiten konzipiert ist. Die zeilengenaue Ansicht wird darin deaktiviert und der Text entsprechend größer und damit besser lesbar dargestellt. Ist der Text in den Schreibtisch geladen, kann mit Klick auf / im Kontrollmenü des Textes zwischen der Manuskript- und der Leseansicht gewechselt werden.

Image-Viewer: In den Textstufen MJI, MJII, MJIII und MJIV kann durch Klick auf das Symbol neben der Blatt-/Seiten-Nummer das entsprechende Faksimile des Blattes/der Seite mit Hilfe des Image-Viewers angesehen werden. Bei der mit zahlreichen handschriftlichen Korrekturen und Überarbeitungen Johnsons versehenen Textstufe MJI hilft die Transkription im Bild beim Entziffern von Johnsons handschriftlichen Anmerkungen und Text-Überarbeitungen.

Lesezeichen: Sobald ein Text-Abschnitt mit der Maus markiert wird, öffnet sich das Kontextmenü. Mit Klick auf das Lesezeichen-Symbol kann für die markierte Textstelle ein Lesezeichen angelegt werden. Im Lesezeichen-Menü können angelegte Lesezeichen gespeichert, exportiert und importiert werden.

Zitieren: Sobald ein Text-Abschnitt mit der Maus markiert wird, öffnet sich das Kontextmenü. Mit Klick auf das Zitier-Symbol wird der markierte Text inkl. der Seiten- und Zeilenzahlen in die Zwischenablage kopiert. Die präferierte Zitierweise kann im Einstellungsmenü definiert werden.

Zitiervorschlag:

Helbig, Holger, Ulrich Fries, and Katja Leuchtenberger (eds.). 2017ff. Historisch-kritische Ausgabe der Werke, Schriften und Briefe Uwe Johnsons. Die digitale Ausgabe verantwortet von Fabian Kaßner, Marc Lemke, Yvonne Dudzik und Christian Riedel. Berlin: BBAW. http://www.uwe-johnson-werkausgabe.de/.

Speichern und Teilen: Um zu einem späteren Zeitpunkt mit allen geöffneten Texten, Scroll-Positionen, angewählten Zitiereinstellungen und Lesezeichen weiterzuarbeiten, lässt sich der Arbeitsstand des Schreibtisches im Browser speichern und als JSON-Datei exportieren. Es besteht so auch die Möglichkeit, den eigenen Schreibtisch mit anderen zu teilen. Das gleiche gilt für Lesezeichen, die separat, unabhänig vom Gesamtzustand des Schreibtischs gespeichert, exportiert und importiert werden können. Bis zum nächsten Update der App steht dieses Feature nicht zur Verfügung, da der entsprechende Code derzeit überarbeitet wird.

*

Im Moment liegt die App der digitalen Uwe Johnson-Werkausgabe in einer beta-Version vor: Die Funktionen des Schreibtisches befinden sich in einer Testphase und werden noch modifiziert und ergänzt. Sollten Sie Verbesserungsvorschlägen oder Anregungen haben, würden wir uns über eine E-Mail mit Ihren Hinweisen oder auch mit generellem Feedback sehr freuen (johnson-werkausgabe@uni-rostock.de). Das hilft uns, die Seite weiter zu verbessern.

Wie funktioniert der Schreibtisch?
Schreibtisch speichern (webStorage)
Schreibtisch löschen (aus webStorage)
Schreibtisch exportieren (.json)
Schreibtisch importieren (.json)
Die Import-, Export- und Speicher-Funktionen stehen für den Schreibtisch im Moment nicht zur Verfügung.
Synchrones Scrollen